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Interview Antenne Deutschland

27. August 2020

Nach langem rechtlichen hin und her soll nun im Oktober der 2. Bundesmux mit 16 neuen nationalen Digitalradiosendern an der Start gehen. Mit Antenne Bayern, Drivers Classics von WIM, Energy (2), Joke FM, Profi Radio, RTL Radio, Rock Antenne und Toggo Radio stehen neben den sechs Radioprogrammen die von Antenne Deutschland veranstaltet werden bereits acht weitere Radioangebote fest. Über die weiteren DAB+ Sender wird weiterhin spekuliert. Medienberichten zufolge haben einige fest gesetzte Veranstalter wie BigFM, Radio B2, Ergo FM, Radio Teddy, Planet Radio und Domradio ihr Interesse wieder zurückgezogen. Werden es am Ende dann doch Überraschungssender mit denen die wenigsten gerechnet hätten? Zum Start des 2. nationalen DAB+ Bundesmux sprachen wir mit Herrn Joe Pawlas von Antenne Deutschland.

SATVISION: Anfang Oktober soll der 2. DAB+ Bundesmux mit 16 neuen nationalen Digitalradiosendern an den Start gehen. Wann werden welche privaten Sender starten?

Joe Pawlas: Den genauen Start der einzelnen Programme werden wir in Kürze bekanntgeben. Wir wollen im Oktober mit einem größeren Angebot starten, welches für Hörer attraktiv ist. Allerdings wollen wir und auch einzelne Drittprogramme sicherstellen, dass wir dieses Versprechen auch einhalten können. Daher werden einige Programme, so wie ich es aktuell einschätze, noch etwas mehr Zeit investieren, um bestmögliche Inhalte zu bieten.

SATVISION: Was sind Ihrer Ansicht nach die schlagkräftigsten Argumente für den DAB+ Empfang?

J. Pawlas: Entscheidende Vorteile für die Hörer sind der kristallklare digitale Sound, die größere Programmvielfalt gegenüber UKW und die Möglichkeit zum Empfang von Zusatzdiensten. Zudem „verbraucht“ DAB+ kein Datenvolumen wie beim Radio hören übers Internet. Für neue Programmanbieter ist DAB+ aufgrund des voll ausgeschöpften UKW-Spektrums die einzige Möglichkeit zum Einstieg in den terrestrischen Hörfunkmarkt, sowohl auf lokaler, regionaler und bundesweiter Ebene. Werbetreibenden eröffnen sich mit DAB+ neue Formen, ihre Zielgruppen zu erreichen. Aufgrund des geringeren Energieverbrauchs pro Programm ist DAB+ effizienter und damit nachhaltiger als UKW.

SATVISION: Was verbirgt sich hinter der ad.audio Gesellschaft?

J. Pawlas: Mit ad.audio möchten wir gemeinsam mit Ströer eine innovative Audiovermarktungsplattform bieten, welche Kunden neben DAB+, Audiostreams und On-demand Content auch Podcasts als Buchungsmöglichkeit zur Verfügung stellt. Wir sehen das als „Audio 360 Grad“ Angebot. Zusätzlich gibt es durch die existierenden Produkte von Ströer ein crossmediales Angebot, welches so auf dem Werbemarkt ein absolutes Novum darstellt. Wir möchten Kunden eine hohe Reichweite bei gleichzeitig starker Werbewirkung bieten. Der Vermarktungsstart findet parallel zum Start des 2. DAB+ Bundesmux statt.

SATVISION: Wie ist es aktuell um den Netzausbau für die nationale DAB+ Plattform bestellt? Wann sollen in welchen Phasen welche Ziele in Bezug auf den Netzausbau mit welcher Sendeleistung erreicht werden?

J. Pawlas: Geplant ist der Aufbau von 71 Senderstandorten bis Ende dieses Jahres. Damit können rund 67 Millionen Hörer (83 % der Bevölkerung) die 16 Programme der Plattform von Antenne Deutschland über eine Außenantenne oder mobil empfangen. Der Inhouse-Empfang ist in dieser ersten Ausbaustufe für etwa 50 Millionen Einwohner möglich. In den kommenden Jahren soll das Netz dann sukzessive ausgebaut werden. Je nach Region werden die Programme auf unterschiedlichen Frequenzen übertragen, geplant sind aktuell die Kanäle 5D, 8C, 9B und 12D.

SATVISION: Wie wird sich das Digitalradio Ihrer Einschätzung nach in welchen Schritten entwickeln, insbesondere wenn ab Ende 2020 alle Neufahrzeuge in der EU mit Radiosystemen für den Empfang von Digitalradioprogrammen ausgestattet sein müssen und auch für stationäre Radiogeräte mit Display künftig eine Digitalradiopflicht gilt?

J. Pawlas: Wir glauben stark an das Wachstum an Geräten und Nutzung und sehen anhand der aktuellen Zahlen, dass sich diese These bestätigt. Im Moment hören täglich fast 6 Mio. Leute DAB+ und erreichen damit 9,2 Mio. Haushalte. Die Tagesreichweite ist gegenüber 2019 um über 50 % gestiegen. Radio ist ein Medium, das insbesondere unterwegs im Auto sehr intensiv genutzt wird. Wenn ab Ende 2020 alle Neuwagen DAB+ freigeschaltet haben, bedeutet das ungefähr weitere + 3,6 Mio. Geräte pro Jahr. Der Handel verkauft derzeit rund 2,5 Mio. DAB+ Empfangsgeräte pro Jahr. Diese rund 6 Mio. neuen Geräte pro Jahr sichern eine Steigerung von rund 12 % Penetration p. a. Wir können aktuell noch nicht absehen, wie sich die Corona Situation hierauf auswirkt, jedoch denken wir das dies bei Nutzungsintensität sogar positive Effekte haben kann.

SATVISION: Wo besteht Ihrer Ansicht hierzulande nach noch Optimierungsbedarf in Bezug auf das Digitalradio?

J. Pawlas: Die Entwicklung von DAB+ hat in den vergangenen Monaten in vielen Bereichen eine enorme Dynamik entwickelt: Die Netze sind inzwischen soweit ausgebaut, dass auf 98 % der Flächen in Deutschland DAB+ Programme zu empfangen sind, die Autobahnen sind nahezu vollversorgt, fast wöchentlich kommen zusätzliche Senderstandorte dazu. Die Programmvielfalt umfasst inzwischen über 250 Programme, über 60 davon exklusiv über DAB+. Ein großes Verbesserungspotential erschließen wir mit dem Start des 2. Bundesmux. Mehr Programme und mehr Vielfalt auf bundesweiter Ebene. Das hat gefehlt. Ebenso sind wir mit den technischen Möglichkeiten sicherlich noch nicht am Ende angelangt. Wir wollen schließlich Mehrwert für Hörer schaffen. Die Bekanntheit und Differenzierung gegenüber anderen Audioangeboten muss daher auch noch geschärft werden. Das wird eine spannende Aufgabe, bei dem die Radioschaffenden eng zusammenarbeiten müssen.

SATVISION: Ist Ihrer Einschätzung nach bereits allen Radiohörern das Digitalradio bekannt?

J. Pawlas: Wir sehen ein steigendes Verständnis in der Hörerlandschaft, wobei unter dem Begriff „Digitalradio“ aus Konsumentensicht verschiedenen Dinge vermischt werden, wie z. B. neben DAB+ auch Streams die in IP Radios verfügbar sind. Es gibt tolle Initiativen wie zum Beispiel den Digitalradio Deutschland e. V., der das Gattungsmarketing stark nach vorne gebracht hat. Dennoch ist die gesamte Branche -uns eingeschlossen- hier aufgerufen noch mehr zu tun, den Hörern den Mehrwert näher zu bringen.

SATVISION: Bitte vervollständigen Sie zum Abschluss den folgenden Satz: „Der durch rechtliche Probleme bedingte verzögerte Start des 2. DAB+ Bundesmux hatte zur Folge, dass …“

J. Pawlas: … Hörer leider erst jetzt in den Genuss der neuen Programmvielfalt kommen.

SATVISION: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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