Skip to main content
search
0

Interview mit SES Germany GmbH

SD-Ausstrahlung: ARD und ZDF schalten ab – RTL verlängert

27. September 2024

Am 12. Februar 2010 starteten die beiden öffentlich-rechtlichen Sender „Das Erste“ und ZDF den HD-Regelbetrieb für ihre Hauptprogramme über Satellit. Die ARD titelte „Gutes noch besser sehen“ und das ZDF legte mit „Leuchtender als jemals zuvor erstrahlt das Olympische Feuer in diesem Jahr für viele Fernsehzuschauer“ zum Auftakt der Olympischen Winterspiele in Vancouver los. Seither senden die Öffentlich-Rechtlichen in SD- und parallel in HD-Auflösung. Die doppelten Ausstrahlungen seit rund 15 Jahren verursachen immense Kosten, die bereits seit Jahren nicht mehr zeitgemäß sind, da die deutlich schlechtere SD-Bildqualität heute kaum noch genutzt wird. Am 7. Januar 2025 schaltet die ARD daher die letzten Programme in SD ab und das ZDF folgt am 18. November 2025. Ganz anders sieht es bei den Privaten aus. Erst kürzlich hat der Satellitenbetreiber SES die Verträge für die SD-Ausstrahlung mit RTL verlängert. Es wirkt wie ein Widerspruch, doch lassen sich die großen Privaten ausschließlich kostenpflichtig in HD empfangen und über den hierzulande meistgenutzten Empfangsweg Satellit mit rund 17 Mio. Haushalten zahlen 15 Jahre nach dem HD-Start gerade einmal etwas mehr als zwei Millionen Abonnenten für das verschlüsselte TV-Angebot, obgleich die (4K-)Fernseher in den Wohnzimmern immer größer werden und ein Fernsehabend in SD auf einem großen TV wahrlich keine Freude für die Augen ist. Eine SD-Abschaltung würde einen enormen Reichweitenverlust für RTL zur Folge haben, den die Kölner offensichtlich vermeiden möchten. Über die Verlängerung der SD-Ausstrahlung von RTL und einen möglichen Start eines ersten UHD-Senders mit Vollprogramm sprachen wir mit Christoph Mühleib, Geschäftsführer der SES Germany GmbH.

SATVISION: Sie (SES ASTRA) haben jüngst den Vertrag mit RTL Deutschland für die Verbreitung der Programme verlängert. Die Vereinbarung umfasst alle TV-Angebote von RTL in SD, HD und UHD. In der Meldung ist von einer langfristigen Verlängerung zu lesen. Was ist unter langfristig zu verstehen, sprich bis wann läuft der Vertrag? Besteht für RTL Deutschland die Option die Ausstrahlung der SD-Sender frühzeitiger zu beenden?

Christoph Mühleib: Sie werden verstehen, dass wir uns zu Vertragsdetails nicht äußern. Wir sind mit der Laufzeit der Verträge sehr zufrieden.

SATVISION: Werden die SD-Sender von RTL auch zukünftig mit selbiger Bildqualität in MPEG2 wie aktuell ausgespielt oder wird es hier Veränderungen geben, wie beispielsweise eine Verringerung/Reduzierung der Datenrate und/oder eine Umstellung auf MPEG4, so dass für den Empfang der Kölner SD-Sender zukünftig ein HD-Tuner erforderlich ist?

C. Mühleib: Da es bei den Vereinbarungen nicht um die Vermarktung einzelner Sender geht, sondern um Transponderkapazitäten, kann Ihre Frage nur RTL Deutschland beantworten.

SATVISION: Darüber hinaus soll SES ASTRA in den kommenden Jahren die Uplink-Services der Programme von RTL übernehmen. Sind damit Änderungen für den TV-Zuschauer verbunden?

C. Mühleib: Nein.

SATVISION: Es gibt schöneres als sich einen SD-TV-Sender auf einem 65 Zoll großen 4K-TV anzusehen, ganz zu schweigen von noch größeren Bilddiagonalen. Hier kommen selbst die besten Upscaler in den Fernsehern an ihre Grenzen, was selbst für Menschen mit einem eingeschränkten Sehvermögen deutlich sichtbar ist. Wie passt es Ihrer Ansicht nach zusammen einen hochwertigen sowie großen OLED-Fernseher zu kaufen auf dem die Privaten dann nur in SD-Qualität angeschaut werden? Ist das nicht ein maximaler Widerspruch?

C. Mühleib: Absolut. Für mich ist es ein Widerspruch, sich ein wahrscheinlich sehr gutes und großes TV-Gerät gekauft zu haben, und dann nicht alles rauszuholen. An dieser Stelle gibt es absolut weiteren Aufklärungsbedarf. Wer sein neues TV-Gerät im Fachhandel kauft, bekommt vom gut geschultem Fachpersonal sicher noch Infos dazu, wie mit dem neuen Fernseher das beste TV-Erlebnis möglich ist. Leider scheinen vielen Menschen diese Informationen zu fehlen.

SATVISION: Für jeden Satellitenbetreiber ist natürlich eine maximale Transponderauslastung das erklärte Ziel. Daher werden Sie sich ganz bestimmt nicht sträuben einer Sendergruppe Kapazitäten für die parallele Ausstrahlung von Kanälen in SD, HD und UHD zu vermieten. Woran ist aus Ihrer Sicht ein UHD-Regelbetrieb bislang bei den Sendern gescheitert? Sehen Sie perspektivisch die ersten UHD-Sender mit einem Vollprogramm, welche sich über Satellit empfangen lassen?

C. Mühleib: Mit QVC, RTL UHD, ProSiebenSat.1 UHD gibt es bereits Angebote mit vielseitigen, attraktiven Inhalten. Dazu kommen die UHD-Programme von Sky. Die Vollprogramme sind aktuell noch nicht durchgängig in dieser Qualität empfangbar. Gleichzeitig ist die Entwicklung sehr positiv. Inzwischen können Fans täglich mehrere Programme in UHD sehen. Das Show- und Fiktion-Angebot wächst und auch das Sportangebot wird immer größer und attraktiver. Für einen 24-Stunden-Sendebetrieb gibt es derzeit allerdings noch eine zu geringe Anzahl nativer UHD-Inhalte. Als UHD-Fan würde es mich in jedem Fall freuen, auf unserem großen Fernseher noch mehr Inhalte in der entsprechenden Qualität erleben zu können.

SATVISION: Anders als RTL Deutschland schaltet die ARD am 7. Januar 2025 die letzten SD-Sender über Satellit ab. Wie viele Haushalte sind Ihrer Einschätzung nach technisch noch nicht fit für den HD-Empfang über Satellit? Und mit welchem Hintergrund gilt es hier zwischen Haupt-, Zweit und Dritt-Empfangsgeräten in einem Haushalt zu differenzieren?

C. Mühleib: Gemäß dem Astra TV-Monitor waren es Ende 2023 über eine Million TV-Haushalte, die ihr Programm über Satellit noch in SD empfangen. Dabei wird bei der Auswertung jeweils der Erstempfangsweg, also das Hauptempfangsgerät der Haushalte für lineares Fernsehen, berücksichtigt. Das ist zumeist das TV-Gerät im Wohnzimmer. Zweit- oder Drittgeräte werden von der Untersuchung nicht abgedeckt. Aber natürlich werden in den Haushalten schon seit vielen Jahren mehr als nur ein Empfangsgerät genutzt. Und häufig sind das die ‚alten‘ Fernseher, die nach der Neuanschaffung eines TV-Gerätes ihren Weg aus dem Wohnzimmer ins Schlaf- oder Hobbyzimmer finden. Da gibt es eine hohe Anzahl von Geräten, die noch nicht für HD geeignet sind.

Es scheint auch immer öfter der Fall zu sein, das Tablet, Rechner oder das Smartphone die Zweit- und Dritt-TV-Gerät ersetzen. Ich bin aber überzeugt, dass das Hauptempfangsgerät nach wie vor der große Bildschirm ist, der im Wohnzimmer steht.

SATVISION: Der Satellit ist bis heute der TV-Empfangsweg Nr. 1 in Deutschland. Wo steht das Satellitenfernsehen in zehn Jahren? Open-IPTV Anbieter wie die Telekom mit Magenta­TV, GigaTV von Vodafone, als auch waipu.tv und Zattoo haben insbesondere in den letzten Jahren Millionen von Haushalten für ihre TV-Angebote begeistern und gewinnen können. Werden wir unsere TV-Programme zukünftig – ganz ohne klassischen TV-Anschluss – ausschließlich streamen?

C. Mühleib: Um die letzte Frage zu beantworten: Nein.

Ganz selbstverständlich wechseln Zuschauerinnen und Zuschauer heute zwischen linearen und nicht-linearen Inhalten. Ich erlebe das täglich in meiner eigenen Familie und höre das von vielen Kolleginnen und Kollegen.

Warum bin ich überzeugt, dass das lineare Fernsehen auch künftig eine zentrale Rolle bei der großen Mehrheit spielen wird? Nun, neben einem großen Bedürfnis nach Information-, Bildung- und Unterhaltung, geht es den Menschen nicht zuletzt um Live-Events, um das Live-Erlebnis. Das können große Shows sein, bei denen die ganze Familie gemeinsam im Wohnzimmer zuschaut. Besonders nachvollziehbar wird das bei wichtigen Sportereignissen. Und da gab es in den letzten zwölf Monaten nicht wenige: Basketball-WM-Finale, die Handball-EM, sowie ganz frisch die aufregende Fußball-Europameisterschaft und die fantastischen Olympischen Sommerspiele. Solche Ereignisse wollen die Menschen live und am liebsten gemeinsam erleben. Zweifellos schauen viele Millionen Menschen gleichzeitig zu.

Um diese Haushalte gleichzeitig, verlässlich und in hoher Qualität zu versorgen, sind Broadcastnetze wie Satellit, Kabel oder DVB-T daher nach wie vor die beste Wahl. IP-Netze ergänzen und vervollständigen dieses Angebot mit einzelnen Inhalten on demand und non-linear. Und im Optimalfall passiert das alles aus einem Guss, mit intuitiver Bedienbarkeit. Genau das war früher aufgrund des fehlenden Rückkanals über Satellit nicht ohne weiteres möglich. Heute profitieren die Satellitenhaushalte, die ihren Fernseher an das Internet angeschlossen haben, mit der HD+ TV-App von der Verknüpfung beider Welten.

Ich wurde bereits vor vielen Jahren gefragt, wo ich das Satellitenfernsehen 2025 sehe. Damals hat meine Antwort schon Schmunzeln ausgelöst. Und ich gebe die Antwort mit voller Überzeugung wieder: Mit seinem hybriden Ansatz wird der TV-Empfangsweg Satellit auch in 10 Jahren die Nr. 1 sein. Wir können uns gerne für ein Interview in 2034 verabreden …

SATVISION: Bitte vervollständigen Sie den folgenden Satz: „Der Start der ersten UHD-Sender mit einem Vollprogramm über Satellit würde zur Folge haben, dass …“

C. Mühleib: … ich mir einen größeren Fernseher kaufe.

SATVISION: Vielen Dank für dieses Gespräch.

Diesen Artikel downloaden

Sie erhalten:

  • den vollen Artikel so, wie er in der SATVISION publiziert worden ist, im Portable Document Format/PDF.

Hier stellen wir alle wesentlichen Hinweise zum Lesen des Artikels dar, bspw. mit dem Adobe Acrobat Reader DC. Wenn Sie unsere Artikel-Flatrate buchen, können Sie alle Artikel der SATVISION lesen.

0,00  In den Warenkorb

Close Menu