Interview mit Christoph Mühleib von Astra
25. Juni 2020
Sowohl der aktuelle Digitalisierungsbericht als auch der Astra-Monitor bestätigen, dass der Satellit TV-Empfangsweg Nr. 1 in Deutschland ist und die Pole Position mit stabilen Werten im Vergleich zum Vorjahr bestätigen konnte. Rund 17,28 Millionen Haushalte (~46 Prozent) nutzen hierzulande den Satellit als Erstempfangsweg. Wir sprachen mit Christoph Mühleib, Geschäftsführer des Satellitenbetreibers der Astra Deutschland GmbH.
SATVISION: Wie wird sich das klassische lineare Fernsehen Ihrer Ansicht nach kurz-, mittel- sowie langfristig entwickeln? Gehen Sie davon aus, dass auch in 10 Jahren der Satellit in Deutschland noch der TV-Empfangsweg Nr. 1 sein wird?
Christoph Mühleib: Was für einen Stellenwert Fernsehen in unserer Gesellschaft hat, zeigt sich aktuell wieder anhand der steigenden Sehdauer während der Krise. Die Menschen sitzen vor dem Fernseher und verlassen sich auf die Informationen, die sie über dieses Medium glaubwürdig und sehr aktuell aufbereitet bekommen. Anders als das Internet sind im Fernsehen Menschen, also TV-Gesichter, die man lange kennt und denen man Vertrauen schenkt, weil sie einen seit Jahren begleiten und fundiert informieren. Aber nicht nur in Krisenzeiten ist das klassische lineare Fernsehen beliebt – letztendlich ist und bleibt es auch langfristig des Deutschen liebstes Hobby. Und warum? Weil Sie in Deutschland eine einzigartige Auswahl an großartigen Programmen haben, die Ihnen alle Sparten der Unterhaltung bieten. Ich halte sehr viel von der Deutschen Medienlandschaft und ihrer einzigartigen Vielfältigkeit.
Der Satellit hat als Empfangsweg nochmal deutlich an Stellenwert gewonnen, gerade wenn man die Engpässe des Breitbandempfangs in verschiedenen Regionen in Deutschland und ganz Europa betrachtet. Als komplementärer Übertragungsweg hält er hier die Kapazitäten frei für in der Zukunft wichtige Geschäftsfelder wie beispielsweise Highspeed-Internet mit Breitbandreserven für intelligente Gebäudesteuerung, Smart-X-Dienste, Telemedizin oder Ambient Assisted Living (AAL).
SATVISION: Die großen Streaming-Anbieter rund um Netflix, Amazon Prime Video und Disney+ fahren aktuell einen Wachstumsrekord nach dem anderen ein. Welchen Einfluss haben die Streaming-Dienste auf die linearen TV-Sender? Glauben Sie, dass klassische Programmanbieter hier nochmal neue Akzente, sprich Impulse setzen können?
C. Mühleib: Die großen Streaming-Anbieter stellen ohne Frage attraktive Angebote für den Zuschauermarkt. Ich sehe das dennoch als Ergänzung zum linearen Fernsehen und nicht als Ersatz. DVD oder Blu-ray haben wir doch auch schon vorher genutzt und deshalb nicht darauf verzichtet, den Tatort um 20 : 15 Uhr im Ersten am Sonntagabend einzuschalten. Außerdem dürfen Sie eines nicht vergessen – die linearen TV-Sender produzieren sehr viele tagesaktuelle, regionale Inhalte. Und je näher und brisanter ein Thema an meinem Geschehen ist, desto relevanter wird es auch für mich als Zuschauer. Das kann ein Streamingdienst aus den USA meines Erachtens nicht leisten.
Hätte Bill Gates Recht behalten, wäre das Fernsehen bereits Mitte des letzten Jahrzehnts ausgestorben. Ich denke, es gibt kein Medium, dass so oft totgesagt wurde und gleichzeitig so erfolgreich ist. Fernsehen ist unser Fenster zur Welt – es passiert jetzt – und wir sehen es zur gleichen Zeit mit vielen anderen Menschen – es verbindet, es schafft gemeinsames Erleben und das macht es einzigartig. Sie hören vermutlich schon aus meinen Worten – ich bin ein ganz großer Fan des linearen Fernsehens – vor allem in Deutschland.
SATVISION: Mittlerweile empfangen 84,8 Prozent der Sat-TV-Haushalte in Deutschland ihre Programme in HD-Qualität – ergo über 15 Prozent (noch) nicht. Somit müssen noch mehr als 2,63 Mio. Sat-Haushalte kurzfristig auf den HD-Empfang umstellen, um auch zukünftig die Sender von ARD über Satellit empfangen zu können. Was raten Sie den Sat-TV-Haushalten, welche bislang (noch) nicht auf den HD-Empfang aufgerüstet haben?
C. Mühleib: Ganz einfach: Ich rate bei einem Kauf eines neuen Gerätes dazu, auf den neuesten technischen Stand aufzurüsten – also gleich zu UHD-fähigem Equipment. Wir haben seit über zwei Jahren Kampagnen laufen, um die Zuschauer entsprechend über die Vorteile aufzuklären.
SATVISION: Handelt es sich Ihrer Einschätzung nach nicht um einen Widerspruch, dass die Öffentlich-Rechtlichen zum Beginn des kommenden Jahres im Januar 2021 planen erste SD-Sender über Satellit abzuschalten und auf der anderen Seite die Privaten an der SD-Qualität festhalten und ihre Verträge für die Ausstrahlung langfristig verlängert haben?
C. Mühleib: Nein, es ist kein Widerspruch. Die Sender in Deutschland haben unterschiedliche Geschäftsmodelle bzw. einen unterschiedlichen Background. Und dem geschuldet wählt jeder Sender die für ihn besten Verbreitungsmöglichkeiten.
SATVISION: Werden Sie als Satellitenbetreiber die SD-Abschaltung der ersten Öffentlich-Rechtlichen Sender hierzulande aktiv begleiten?
C. Mühleib: Das ist derzeit nicht geplant.
SATVISION: Fast 70 Prozent der Haushalte in Deutschland ist der neue TV-Standard UHD bekannt. Bis Ende 2019 wurden fast 14 Millionen UHD-Fernseher in Deutschland verkauft. Allerdings sind UHD-Inhalte über die klassischen TV-Empfangswege bislang eher begrenzt verfügbar. Wie wird sich das UHD-Programmangebot in diesem Jahr über die Satellitenposition Astra 19,2° Ost entwickeln? Können wir uns auf weitere Sender und Inhalte freuen?
C. Mühleib: Die Voraussetzungen für UHD waren aus technischer Sicht noch nie besser. Mittlerweile bekommen Sie in den großen Handelsketten kaum mehr ein TV-Gerät, das nicht UHD-fähig ist. UHD ist allerdings für viele Sender noch Neuland – und da ist die Corona-Krise nicht gerade förderlich.
Hierbei muss man bedenken, dass gerade auch Sender in die Produktion in UHD bezüglich Equipments investieren müssen. Trotzdem bleibe ich optimistisch.
SATVISION: Bitte vervollständigen Sie zum Abschluss den folgenden Satz: „Der TV-Empfangsweg Satellit unterscheidet sich insofern von anderen TV-Empfangswegen, als dass …“
C. Mühleib: … er eine fantastische Programmvielfalt in toller Qualität bietet – und das ohne monatliche Grundgebühr oder Vertragsbindung.
SATVISION: Vielen Dank für das Gespräch.
Diesen Artikel können Sie kostenfrei als PDF-Datei herunterladen und speichern.