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RTL Deutschland im Interview über den DVB-T Ausstieg

03. April 2013

Die Mediengruppe RTL wird die DVB-T-Ausstrahlung in Deutschland einstellen. Ab dem 01. Januar 2015 werden somit bundesweit keine RTL-Programme mehr über den terrestrischen Empfangsweg zu sehen sein. Als Grund benennt der Sendebetreiber die hohen Kosten pro erreichten DVB-T-Haushalt und die geringe, nur eine – verglichen mit Satellit, Kabel und IPTV – mäßige Bildqualität realisierende Bandbreite. Auch der mögliche Nachfolgestandard DVB-T2 scheint keine Option für die RTL-Gruppe zu sein. Über die Einstellung der DVB-T-Verbreitung sprachen wir mit Herrn Andre Prahl, Mitglied der Geschäftsleitung und Bereichsleiter Programmverbreitung bei CBC.

Andre PrahlAndre Prahl, Mitglied der Geschäftsleitung und Bereichsleiter Programmverbreitung bei CBC verantwortlich für die Verbreitung der Programme der Mediengruppe RTL Deutschland, Mediengruppe RTL Deutschland GmbH

SATVISION: Aus welchem Grund werden Sie ab Juni diesen Jahres in München und bundesweit zum 31. Dezember 2014 die DVB-T-Ausstrahlung der RTL-Programme einstellen?

A. Prahl: Im Unterschied zur Übertragung im digitalen Kabel, über IPTV und auch Satellit bietet DVB-T erheblich geringere Bandbreiten zur Übertragung von Programmen. So empfangen DVB-T Nutzer heute durchschnittlich 30 Programme, während Zuschauer über das digitale Kabel fast 100 und über den digitalen Satelliten rund 120 Programme empfangen können. Die begrenzte Bandbreite hat auch zur Folge, dass bei DVB-T die Ausstrahlung von Programmen in brillanter HD-Qualität bei gleichbleibender Senderanzahl nicht möglich ist. Somit ist DVB-T aus unserer Sicht kein zukunftstauglicher Verbreitungsweg im Vergleich zu den bereits vorhandenen. Obwohl der terrestrische Übertragungsweg bereits vor über zehn Jahren gestartet ist, betrug der Marktanteilsbeitrag von DVB-T bei den Sendern der Mediengruppe RTL Deutschland im Jahr 2012 im Durchschnitt nur 4,2 Prozent. Knapp 96 Prozent des gesamten Marktanteils unserer Sender wurden also auf anderen Verbreitungswegen generiert. Neben der fehlenden Entwicklungs-Perspektive ist DVB-T auch der mit Abstand teuerste und damit unwirtschaftlichste aller Verbreitungswege: Die Kosten pro erreichtem DVB-T Haushalt liegen um ein Vielfaches über denen von Kabel oder Satellit – beim gleichzeitig weit geringerem Angebot an Sendern. Neben den genannten strategischen und wirtschaftlichen Gründen haben wir in der Fachöffentlichkeit zudem immer wieder darauf hingewiesen, dass die Aufrechterhaltung dieses Verbreitungsweges auch politische Planungssicherheit über das Jahr 2020 braucht. Doch auch diese Grundvoraussetzung ist neben den beiden genannten bis heute nicht erfüllt.

SATVISION: In Deutschland wird viel über den möglichen Nachfolgestandard DVB-T2 diskutiert. In Österreich beispielsweise engagiert sich die Mediengruppe RTL in puncto DVB-T2. Warum hingegen nicht in Deutschland?

A. Prahl: Die Mediengruppe RTL Deutschland befindet sich derzeit in Verhandlungen zu einem DVB-T2 Projekt in Österreich, im Unterschied zu Deutschland sind dort die Rahmenbedingungen – verschlüsselte Verbreitung sowie eine langfristige Planungssicherheit durch die Sicherstellung der notwendigen Frequenzressourcen – deutlich positiver zu bewerten. SATVISION: Entwickelt sich die Mediengruppe RTL nicht mehr und mehr zu einem werbefinanzierten Pay-TV Anbieter mit verschlüsselten Programminhalten? A. Prahl: Nein. Der Empfang der Programme in SD-Qualität ist nach wie vor kostenlos. Es ist aber auch bekannt, dass wir an den technischen Zugangsentgelten für die erheblich kostenintensivere Ausstrahlung der Programme in HD-Qualität partizipieren möchten.

SATVISION: Wie wird sich die TVLandschaft Ihrer Ansicht nach in Bezug auf die Nutzung der verschiedenen Empfangswege hierzulande zukünftig entwickeln?

A. Prahl: Ein Blick in die Glaskugel ist schwierig, aber das heutige DVB-T verliert weiter an Bedeutung. Der Zuschauer wird zunehmend für die Versorgung seiner stationären Fernsehgeräte, deren Abmessungen bekanntlich immer größer werden, auf die „schärferen“ Empfangswege zurückgreifen. Diese sind über Kabel, Satellit und IPTV verfügbar. Daher behalten diese Empfangswege ihre Bedeutung bei, möglicherweise verschieben sich die Nutzungen innerhalb dieser Wege noch marginal. Für die zunehmenden Nutzung von Bewegtbildinhalten auf Smartphones und Tablets werden W-LAN und mobile Technologien wie LTE an Bedeutung gewinnen.

SATVISION: Sehen Sie den Empfangsweg DVB-T in Deutschland in seiner Existenz bedroht? Welche Chance hat die Terrestrik Ihrer Ansicht nach in Deutschland?

A. Prahl: Generell sind wir der Überzeugung, dass auch weiterhin eine drahtlose Übertragung für den Rundfunk, auch für die mobile Nutzung, sinnvoll ist. Wir setzen uns dafür ein, den für den Rundfunk bestimmten Bereich des Frequenzspektrums auch weiterhin einer primären Verbreitung durch den Rundfunk vorzubehalten – welche Technologie hierfür im deutschen Markt die richtige sein wird, wird sich zeigen.

SATVISION: Welchen Rat haben Sie für die knapp 3,7 Mio. Haushalte hierzulande, die Ihre TV-Programme laut dem Digitalisierungsbericht 2012 ausschließlich über DVB-T empfangen?

A. Prahl: Nach für uns maßgeblichen Zahlen von AGF/GfK empfangen knapp 1,2 Millionen Haushalte die Programme der Mediengruppe RTL Deutschland über DVB-T. Diese haben die Möglichkeit, unsere Programme über Satellit, Kabel oder IPTV zu empfangen.

SATVISION: Handelt es sich für die Mediengruppe RTL um einen endgültigen Ausstieg aus der DVB-TVerbreitung oder sind Geschäftsmodelle denkbar, die einen erneuten Einstieg möglich machen könnten?

A. Prahl: Die Mediengruppe RTL Deutschland sieht derzeit keine Möglichkeit für die Fortführung der Terrestrik auf Basis von DVB-T in Deutschland.

SATVISION: Vielen Dank für das Gespräch.

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