Interview mit ARD Plus
24. November 2022
Wie dem Jahresbericht 2021 des Beitragsservice zu entnehmen ist, betrugen die Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag im vergangenen Jahr satte 8,42 Milliarden Euro – ein Plus von 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mit 8,26 Milliarden Euro floss ein Großteil der Erträge an ARD, ZDF und Deutschlandradio. Der größte Anteil ging mit rund 5,9 Milliarden Euro an die neun ARD-Häuser. Die ARD verlangt ab sofort einen Extra-Beitrag für den Zugriff auf die neue ARD Plus-App, um die Inhalte des Streamingangebots anschauen zu können. Warum reichen der ARD die enormen Einnahmen in Milliardenhöhe aus dem Rundfunkbeitrag nicht mehr aus und bitten Zuschauer nun mit einem Zusatz-Beitrag zur Kasse, um Inhalte aus dem ARD-Archiv ansehen zu können? Darüber sprachen wir mit Michael Loeb, Geschäftsführer der ARD Plus GmbH, einem Unternehmen, welches extra – bereits im Jahr 2020 – in Köln gegründet wurde.
SATVISION: Was ist ARD Plus, wie funktioniert der Streamingdienst und mit welchem Hintergrund werden Zuschauer hier mit einem Extra-Beitrag zur Kasse gebeten?
Michael Loeb: ARD Plus bietet ausgewähltes Programm, an dem die ARD in der Mediathek keine Rechte mehr hat, die entsprechenden Programme zu zeigen oder es zeitlich nur begrenzt darf.
Es ist wichtig zu verstehen, dass mit dem Rundfunkbeitrag der öffentlich-rechtliche Auftrag, d. h. die Fernseh- und Hörfunkprogramme sowie die Onlineangebote der Sender finanziert werden. Die Kosten für darüber hinausgehende Angebote dürfen nicht durch den Rundfunkbeitrag subventioniert werden, sondern müssen zum Schutz des Wettbewerbs auf dem Markt, wie alle anderen kommerziellen Angebote auch, refinanziert werden.
Der Streamingdienst ist kostenpflichtig, da auch hier – analog etwa zum Verkauf einer DVD – wiederum redaktionelle und technische Kosten entstehen. Zudem müssen Rechte erworben und Produzent:innen und Urheber:innen für zusätzliche Nutzungen vergütet werden.
SATVISION: Über welche Plattformen ist das neue kostenpflichtige Streamingangebot der ARD verfügbar?
M. Loeb: ARD Plus baut seine Reichweite weiter aus: Das kommerzielle Streaming-Angebot mit hochwertigen ARD-Inhalten aus 70 Jahren TV-Geschichte ist seit über zwei Jahren im Angebot von MagentaTV, Amazon Prime Video Channels, AppleTV+ Channels und ab sofort auch über Web, eigenständige, mobile Apps für iOS- und Android-Endgeräte in den bekannten App Stores (Apple App Store; Google Play) verfügbar.
Die Zugriffsoption über Amazon Fire TV und weitere TV Apps wird zeitnah erfolgen. Der Video-on-Demand-Service wird weiterhin kontinuierlich technisch wie inhaltlich ausgebaut.
SATVISION: Bei dem TV-Angebot der Telekom ist ARD Plus fester Bestandteil der MagentaTV-Megathek und somit kostenlos. Darüber hinaus wird ARD Plus über die Amazon Prime Channels für 4,45 Euro pro Monat angeboten. Überdies können die ARD Plus-Inhalte auch über die Apple TV-App für 4,99 Euro pro Monat gebucht werden. Planen Sie die ARD Plus-App zukünftig über weitere TV-Plattformen auszurollen? Wo sehen Sie das größte Potential, um Zuschauer für Ihr neues kostenpflichtiges Zusatzangebot zu gewinnen?
M. Loeb: ARD Plus gibt es bereits seit Oktober 2018. Nun wird die Reichweite durch das eigenständige Angebot erweitert. Wir sehen in jeglicher Verbreitung weiterhin Potenzial, um neue Zuschauer:innen zu begeistern. Der zentrale Unterschied gegenüber der seit Jahren zum selben Preisniveau existierenden ARD Plus Kooperationen mit MagentaTV, Apple TV+ und Amazon Prime ist, dass erstmals zielgruppengerecht und individuell für den Kunden kuratiert werden kann. Zudem möchten durchaus einige Nutzer nicht über Drittplattformen buchen – und das ist nun möglich. Fazit: Wir sehen im eigenständigen Streamingangebot die perfekte Ergänzung zu den bisherigen Verbreitungswegen.
SATVISION: Bieten Sie interessierten Zuschauern die Möglichkeit, das ARD Plus-Angebot kostenlos zu testen?
M. Loeb: Ja, es gibt eine 14-tägige Testphase. Danach ist ARD Plus jederzeit kündbar.
SATVISION: Wie haben Sie die Zielgruppe für das Extra-Angebot definiert, sprich welche Zuschauer haben Sie ins Auge gefasst?
M. Loeb: Wir möchten die Zuschauer:innen mit nun größerer Reichweite erreichen, die sich für die ARD-Inhalte aus 70 Jahren TV-Geschichte begeistern.
SATVISION: Welche Bedeutung hat die ARD Plus-App für Sie als Sendeanstalt?
M. Loeb: Die ARD Plus GmbH ist keine Sendeanstalt, daher können wir diese Frage nur aus Sicht der Nutzer beantworten. Wir glauben, dass es wichtig ist, denn Nutzern den Zugang zu über 70 Jahren deutscher Fernsehgeschichte zu ermöglichen. Es ist jedenfalls besser als diese Programmschätze in den Archiven verstauben zu lassen. Ob von dieser Möglichkeit dann Gebrauch gemacht wird, kann ja jeder einzelne Nutzer selbst entscheiden. ARD Plus kann das Programm bieten, an dem die ARD in der Mediathek keine Rechte mehr hat, die entsprechenden Programme zu zeigen oder es zeitlich nur begrenzt darf. Daher hat es eine große Bedeutung, um auch diese hochwertigen ARD-Inhalte aus 70 Jahren TV-Geschichte den Zuschauer:innen bieten zu können.
SATVISION: Welche Zielmarke haben Sie sich für ARD Plus gesetzt, sprich wie viele Abonnenten möchten Sie für das Streamingangebot innerhalb der ersten 12 Monate gewinnen?
M. Loeb: Wir kommunizieren keine konkreten Ziele. Hierfür bitten wir um Verständnis.
SATVISION: Bitte vervollständigen Sie zum Abschluss den folgenden Satz: „Mit dem zusätzlichen Umsatz aus der Vermarktung der ARD Plus-App verfolgen wird das Ziel, …“
M. Loeb: … weitere Rechte aus 70 Jahren TV-Geschichte für die Fans von ARD-Inhalten erwerben und die Zuschauer:innen damit begeistern zu können.
SATVISION: Vielen Dank für das Gespräch.
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