BGH bestätigt Grundsatzurteil zu den Lizenzbedingungen für Kabelfernsehen und IPTV
26. Juli 2024
Großer Erfolg für ANGA Der Breitbandverband: Nach einem mehrjährigen Rechtsstreit hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) als letzte Instanz über ein Grundsatzverfahren der ANGA gegen Corint Media entschieden. Die urheberrechtliche Verwertungsgesellschaft, die die Weitersenderechte von privaten Fernsehsendern wie ProSieben, Sat.1, DMAX und Sport 1 wahrnimmt, muss mit den ANGA-Mitgliedern Lizenzverträge zu den Bedingungen abschließen, die der Verband im März 2023 beim Oberlandesgericht (OLG) München durchgesetzt hat. Das gilt einheitlich für Kabelfernsehen und IPTV.
Das Urteil ist von besonderer Bedeutung: Es handelt sich um die erste Entscheidung des BGH über die Vergütungsparameter für die Weitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen. Aktuell werden in Deutschland mehr als 20 Millionen Fernsehhaushalte über Kabelfernsehen oder IPTV versorgt.
Der Bundesgerichtshof hat das bahnbrechende Urteil des Oberlandesgerichts München vom 3. März 2023 nur bezüglich der Mindestlaufzeit des Gesamtvertrags beanstandet. Alle anderen Vertragskonditionen, zu denen das OLG weitgehend der Rechtsauffassung des Verbandes gefolgt war, haben Bestand. Bei der Mindestlaufzeit des Gesamtvertrags muss das OLG noch einmal entscheiden, ob der Vertrag über den ursprünglichen Antrag (2018 bis 2022) hinaus auch bereits bis zum Jahr 2028 fortgilt. Hierzu reichte dem BGH offenbar die Begründung für die verlängerte Laufzeit nicht aus.
Faire prozentuale Umsatzbeteiliung der Rechteinhaber
Bestand hat insbesondere die Entscheidung über die für die Vermarktung von Fernsehprogrammen überragend wichtige Frage, ob die Netzbetreiber zur Zahlung fester Mindestvergütungen verpflichtet sind. Das ist mit einer Ausnahme in einer speziellen Konstellation, den sogenannten Signalbezugsentgelten von belieferten Netzbetreibern, nicht der Fall. Bei Endkundenentgelten ist nach der nunmehr letztinstanzlich bestätigten Entscheidung des OLG keine Mindestvergütung oder feste Mindestbemessungsgrundlage anzusetzen. Nach dem Oberlandesgericht sollte „ein strenger Wirklichkeitsmaßstab ohne pauschalierende Vergütungsbestandteile“ gelten.
Auch für die IP-Verbreitung gilt danach der Grundsatz, dass Rechtenutzer nur für solche Umsätze Vergütungen an die Rechteinhaber zahlen müssen, die sie tatsächlich erwirtschaften. Sie müssen nicht für rein fiktive Einnahmen zahlen, die sich die Rechteinhaber wünschen würden. Es bleibt grundsätzlich bei einer prozentualen und damit für beide Seiten fairen Vergütung. Diese Erkenntnis ist auch für andere Verwertungsgesellschaften und Medienangebote wie zum Beispiel Fernseh- bzw. Streamingangebote im Internet (OTT-TV) von richtungsweisender Bedeutung.
Vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde das OLG-Urteil auch bei der Ablehnung weiterer Mehrforderungen der Verwertungsgesellschaft gegenüber dem bis 2016 bestehenden ANGA-Gesamtvertrag, den die Corint Media wegen ihrer Mehrforderungen gekündigt hatte. Das betrifft insbesondere die Höhe des Vergütungssatzes und die Bedeutung von Daten zum Beispiel im Rahmen von IPTV. Hier hatte die Corint Media besonders hohe Zuschläge gefordert. Nach dem Urteil bleiben die Vergütungssätze in dem festgesetzten Gesamtvertrag auf dem Niveau des Tarifs von 2012.
Höhere Content-Kosten verhindert
„Die völlig überzogenen Forderungen der Corint Media hätten die Übertragung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen – insbesondere als IPTV – für die Netzbetreiber drastisch verteuert. Dieses Vorhaben ist vor dem Bundesgerichtshof gescheitert. Unsere Mitgliedsunternehmen können sich auf die Rückzahlung von geleisteten Vorbehaltszahlungen und Hinterlegungsbeträgen freuen. Mit diesen klaren, nun rechtskräftigen Maßstäben verbinden wir zugleich die Hoffnung, dass wir auch mit anderen Verwertungsgesellschaften schneller zu fairen Lizenzverträgen über alle relevanten Medienangebote kommen“, erläutert ANGA-Geschäftsführer Dr. Peter Charissé die positiven Folgen des Urteils.