Astra Deutschland im Interview über SAT>IP
28. März 2013
Mit dem Kommunikationsprotokoll SAT>IP können Satelliten-Signale in IP-Signale konvertiert werden. Dies ermöglicht den SAT-Empfang ganz ohne Kabelverbindung per WLAN oder kabelgebunden per LAN auf dem Smart-Phone, Tablet-PC, Notebook, PC oder dem klassischen Fernseher mit einem entsprechenden Client. Seit gut einem halben Jahr sind die ersten Endgeräte am Markt erhältlich, die allerdings nur den Empfang von unverschlüsselten SD- und HD-Sendern ermöglichen. Über die SAT>IP Technologie und deren Zukunftsaussichten sprachen wir mit Herrn Stefan Vollmer, Pressesprecher des Satellitenbetreibers Astra Deutschland.
Stefan Vollmer, Pressesprecher ASTRA Deutschland GmbH
SATVISION: Vor gut einem Jahr hat ASTRA auf den jährlichen „Industry Days“ in Luxemburg mit SAT>IP ein neues Kommunikationsprotokoll vorgestellt. Wie bewerten Sie die gegenwärtige Bedeutung und Marktakzeptanz der neuen Technologie?
S. Vollmer: Das Echo auf SAT>IP in der Industrie ist wirklich ausgezeichnet. Die ersten Produkte kamen vor gut einem halben Jahr auf den Markt, und jetzt sind bereits Konverterboxen von sieben Herstellern erhältlich. Mit vielen weiteren sind wir in Gesprächen. Etwas Nachholbedarf gibt es noch auf der Empfängerseite, aber auch hier zieht die Dynamik an. Es gibt die ersten IP-Receiver, um die SAT>IP-Signale z. B. auf dem Zweitfernseher zu empfangen. Generell geht der Trend auch bei SAT>IP in Richtung kleinere und günstigere Geräte, das steht auf unserer Agenda für 2013 ganz oben. Es wird dieses Jahr also einiges an interessanter Hardware auf den Markt kommen, aber das gilt auch für Software. Neben den Clients für iOS und Android gibt es mit dem DVB Viewer in der Version 5 seit Kurzem auch einen ausgezeichneten Client für Windows, auch für Mac OS ist bereits einer in Entwicklung. Außerdem planen wir, noch im März unter der Adresse www.satip.info eine Website für SAT>IP zu starten, die wir sukzessive als wichtige Anlaufstelle für SAT>IP ausbauen wollen.
SATVISION: Die gegenwärtig am Markt erhältlichen SAT>IP Server (die DVB-S/S2 Signale demodulieren und in IP konvertieren) bieten max. vier Tuner, sprich einen eher eingeschränkten Zugriff was die Anzahl der Wiedergabegeräte wie TV, Smartphone, Tablet-PC und Laptop angeht. Welche Voraussetzung benötigt es, um beispielsweise einen SAT>IP Server mit 8 oder mehr Tuner zu bauen?
S. Vollmer: Technisch ist das kein Problem, eher eine Frage von Angebot und Nachfrage aus Herstellersicht. Für einen durchschnittlichen Haushalt mag es ausreichen, vier unterschiedliche Programme auf vier verschiedenen Endgeräten zu sehen. Aber es wird dieses Jahr noch der erste Konverter mit acht Tunern auf den Markt kommen.
SATVISION: Aktuell ermöglichen die SAT>IP Geräte ausschließlich den Empfang von freien TV-Programmen via Satellit in SD- und HD-Qualität. Wie sieht es mit verschlüsselten Programminhalten wie von HD+ oder Sky aus? Sind auch SAT>IP Varianten, die die Nutzung von verschlüsselten Programminhalten unterstützen, denkbar?
S. Vollmer: Absolut. Sat>IP ist für alle Sender eine attraktive Lösung für Multi-Screen-Fernsehen und zur Verlängerung der Reichweite des Satelliten in die gesamte Hausumgebung. Deswegen stehen unsere Kollegen von HD+ mit den Herstellern in Kontakt und prüfen, wie HD+ fähige Receiver Sat>IP abbilden können. Im Prinzip ist es heute schon möglich, verschlüsselte Inhalte über SAT>IP zu verteilen. Die Entschlüsselung auf Empfangsgeräteebene ist allerdings anspruchsvoll. Im Moment können wir noch keine Aussagen über technische Details treffen oder wann die Lösung an den Start geht.
SATVISION: Unabhängig von der SAT>IP Technologie. Wann werden wir Ihrer Einschätzung nach die ersten TV-Sender mit Ultra-HD-Auflösung auf ASTRA zu sehen bekommen, sprich wann erwarten Sie die ersten Aufschaltungen? Und mit welchem Hintergrund ist der HEVC-Codec in diesem Zusammenhang zu nennen?
S. Vollmer: Wir gehen davon aus, dass es 2015/16 soweit sein wird. Der High Efficiency Video Codec wird es ermöglichen, Ultra-HD-Signale über Satellit mit einer Bandbreite von circa 20 Mbit/s auszustrahlen. Für die Sender ist das eine wichtige Voraussetzung, um 4K-Projekte in Angriff zu nehmen.
SATVISION: Wie wird sich das Nutzungsverhalten in Bezug auf den klassischen linearen Fernsehkonsum Ihrer Einschätzung nach in den kommenden Jahren entwickeln? Wie wollen Sie als Satellitenbetreiber den linearen TV-Empfang langfristig stärken?
S. Vollmer: SAT>IP ist für uns sicher ein sehr wichtiges Element, um das lineare Fernsehen als Hauptempfangsweg zu stärken. Ein großer Teil der Mediennutzung wird aber weiterhin auf TV-Bildschirmen stattfinden, die Leute kaufen sich ja auch nicht umsonst immer größere Flatscreens. Hier kann der Satellit seine Stärken ausspielen, denn er liefert hohe Bandbreiten, enorme Reichweite und eine große Vielfalt von Programmen in erstklassiger HD-Qualität. Und darum geht es letztlich. Fernsehen ist das wichtigste Massenmedium und der Leuchtturm. So zeigen Studien, dass sich schon heute mehr als zwei Drittel der Parallelnutzer im Web sich mit TV-bezogenen Inhalten beschäftigen.
SATVISION: Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz: Der vermehrte Konsum von TV-Inhalten aus dem Internet auf dem Fernseher, Tablet-PC und Smartphone bedeutet für ASTRA als Satellitenbetreiber in Bezug auf das lineare Fernsehen, das…
S. Vollmer: … sich TV und Internet wunderbar ergänzen und das Fernsehen als zentrales Reichweitenmedium stark von der Parallelnutzung von TV und Internet profitiert. Und natürlich auch, dass SAT>IP genau zur richtigen Zeit kommt.
SATVISION: Vielen Dank für das Gespräch.