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Start von HbbTV 2.0 – die zweite Generation des hybriden Fernsehens

07. Mai 2015

Auch heute noch sind einer Vielzahl von TV-Zuschauern „HbbTV“ und der „Red Button“ keine geläufigen Begriffe; dennoch werden die Mediatheken vermehrt genutzt, um sich beispielsweise verpasste Sendungen zu einem späteren Zeitpunkt anschauen zu können. Mit HbbTV 2.0 steht bereits die zweite Generation des hybriden Fernsehens in den Startlöchern. Das neue Hybrid Broadcast Broadband TV unterstützt neben Ultra HD und HEVC auch HTML5 sowie CI+. Über das neue hybride Fernsehen sprachen wir mit Herrn Jürgen Sewczyk, Vorstandsmitglied der Deutschen TV-Plattform.

SATVISION: Mit den HbbTV 2.0 Spezifikationen hat die HbbTV-Association die zweite Generation des hybriden TV-Systems vorgestellt. Dieses soll zukünftig HTML5, Ultra HD und CI Plus unterstützen. Welche Vorteile sind damit aus Ihrer Sicht für den TV-Zuschauer verbunden?

J. Sewczyk: Hybrid broadcast broadband TV (HbbTV) ist seit 2010 ein Erfolg. Der Grund ist klar: Von der Version 1.0 bis zur aktuellen Spezifikation des Standards sind alle wichtigen Player der Branche – also Sender, Gerätehersteller und Infrastrukturbetreiber – einbezogen: auch die AG Smart-TV der Deutschen TV-Plattform. Gemeinsam wurde ein System geschaffen und weiterentwickelt, mit dem die Zuschauer einen deutlichen Mehrwert aus der Kombination von Rundfunkempfang und Internetverbindung schöpfen können. Und zwar intuitiv bedienbar: Einfach über den roten Knopf an der TV-Fernbedienung im laufenden Programm Zusatzservices auf dem großen TV-Bildschirm aufrufen. Das reicht vom modernen Teletext mit Fotos und Bewegtbild über Mediatheken und elektronische Programmführer bis  zum Voting oder zur Auswahl aus mehreren Livestreams. Es funktioniert sowohl in SDTV wie auch HDTV, wie die Angebote von über 100 deutschen Programmveranstaltern zeigen. Daran ändert sich bei HbbTV 2.0 nichts – nur die Zusatzfeatures werden mehr. So funktioniert HbbTV künftig auch mit dem neuen Fernsehformat Ultra HD und dem neuen Videokompressionsstandard HEVC – also mit modernen 4K-Geräten. Die Unterstützung des neuen Webseiten-Standards HTML5 und von MPEG DASH bedeutet bessere Einbindung aller Internetinhalte, besonders Bewegtbild, ohne zusätzliche Applikationen. Und die CI Plus-Einbindung erlaubt die Nutzung verschlüsselter Inhalte. Dazu kommen in HbbTV 2.0 noch weitere Funktionen: Synchronisierung der Inhalte auf TV-Geräten, Smartphones und Tablets; zusätzliche Audiostreams parallel zum TV-Programm; Untertitelung in mehreren Sprachen; bessere Einbindung von Social Media und User Generated Content; mehr Auswahlmöglichkeiten für Zuschauer zum Schutz ihrer privaten Daten. Insgesamt ist HbbTV 2.0 ein großer Schritt vorwärts – an dem Mitglieder der Deutschen TV-Plattform  aktiv beteiligt sind.

SATVISION: Mittlerweile sind 60 Prozent aller verkauften Fernsehgeräte Smart-TVs und ermöglichen zusätzlich zum klassischen linearen Fernsehen per Tastendruck den Zugriff auf das Internet und die Mediatheken. Ist der hohe Anteil solcher Smart-TVs am Gesamtverkauf nicht vielmehr darauf zurückzuführen, dass entsprechende Funktionen schon ab der Mittelklasse zur Standardausstattung gehören? Ist nicht eher das Nutzungsverhalten der Käufer interessant, die zwar einen Smart-TV besitzen, HbbTV allerdings nicht aktiv nutzen. Ist nicht eher das Nutzungsverhalten derer Haushalte interessant, welche einen Smart TV ihr Eigen nennen und HbbTV nicht aktiv nutzen?

J. Sewczyk: Die Situation beschreiben Sie meines Erachtens zu negativ! Smarte Funktionen finden sich längst in allen Geräte-Klassen – etwa Fernsehern bei Discountern bis hin zu Spitzenmodellen von High-end-Produzenten. Die Hersteller würden App-Portale und HbbTV nicht einbauen und sich die Zusatzkosten sparen, wenn es keine Nachfrage auf Käuferseite geben würde. Was in der Tat nicht 100prozentig identisch ist, sind die Kauf- und die Web-Anschlussquoten der smarten TV-Empfangsgeräte. Das liegt aber auch daran, dass die Smart TV’s einen Breitband Anschluss benötigen und der ist in vielen Haushalten noch nicht verfügbar. Zudem dauert es oft, bis der Fernsehzuschauer Innovationen annimmt, denken Sie an den Videotext oder die HDTV Einführung, beides hat 20 Jahre gedauert, bis es im Markt angekommen war. Aber auch da ist ein deutlicher Aufschwung in der Nutzung von Smart-TV, besonders HbbTV, feststellbar: Die Sendervertreter unter unseren Mitgliedern berichten von monatlich zweistelligen Zuwachsraten und auch die Gerätehersteller freuen sich über die ungebrochene „Klickrate“ in ihren App-Portalen. Offenbar ist es beim Smart-TV wie bei den Smartphones: Erst einmal gekauft, entdecken die Konsumenten immer mehr die Funktionalitäten der modernen Geräte und die Vorteile der neuen Inhaltevielfalt. Das dynamische Wachstum spricht da für sich und bei fast 15 Mio. Smart-TV Geräten in den Haushalten in Deutschland kann man durchaus schon davon sprechen, dass dies Fernsehalltag ist.

Um die Nutzung von TV-Apps und HbbTV zu erhöhen, bedarf es jedoch einer noch intuitiveren und einfacheren Bedienung. Das haben wir als Deutsche TV-Plattform bei zwei Studien festgestellt, in denen es auch konkrete Empfehlungen und Hinweise für die Gestaltung von smarten TV-Geräten und Diensten wie HbbTV gibt. Außer diesen Fachpublikationen veröffentlichen wir seit Jahren Broschüren und Flyer mit Information und Aufklärung zum smarten Fernsehen und führen auf etlichen Messen und Branchentreffs wie der IFA regelmäßig Smart-TV vor. Nicht zu vergessen die Werbe- und Marketing-Anstrengungen der Sender und Gerätehersteller.

SATVISION: Die Wenigsten können mit dem Begriff „Red Button“ etwas anfangen. Mit welchem Hintergrund ist die Bekanntheit des Begriffs „Red Button“ auch heute noch als bescheiden zu bezeichnen?

J. Sewczyk: Selbst wenn der Begriff nicht unbedingt im aktiven Wortschatz der Nutzer ist, sie wissen doch sehr wohl, welche Funktionalität die rote Taste der Smart-TV Fernbedienung für sie bereithält! Die Bekanntheit wächst alleine dadurch ständig, dass die Smart-TV-Besitzer mit angeschlossenem Gerät ja auch den Startknopf bei einem Senderwechsel jedes Mal eingeblendet bekommen. Dazu kommen noch Programmhighlights bei den öffentlich-rechtlichen und den privaten Sendern, die von speziellen HbbTV-Zusatzangeboten begleitet und auch im Live-TV beworben werden. Denken Sie nur an die Auswahl aus bis zu fünf Livestreams, die es bei Olympiaden seit 2012 über die rote HbbTV-Starttaste gab. Solche publikumswirksamen Angebote wird es auch künftig geben, und dadurch die Bekanntheit von HbbTV bzw. dem „red button“ weiter zunehmen.

Ich bin optimistisch, dass die weiter laufende Kampagne aller Programmveranstalter immer stärker ihre Wirkung bei den Zuschauern entfalten wird. Der Durchbruch kommt spätestens dann, wenn  TV-Moderatoren und Nachrichtensprecher im Live-Programm nicht mehr auf die Zusatzangebote unter Nennung einer www-Adresse verweisen, sondern Interessenten explizit dazu auffordern, die rote Taste an ihrem Smart-TV zu drücken

SATVISION: Vielen TV-Besitzern ist die Datensicherheit und der damit verbundene Schutz der Privatsphäre sehr wichtig. In diesen Wochen sorgten nicht allein mithörende Smart-TVs für Aufregung, sondern auch gezielte Werbeeinblendungen. Wie sicher ist die Nutzung der smarten Funktionen in den entsprechenden TV-Geräten wirklich?

J. Sewczyk: „Mithörende Smart-TVs“ ist schon in der Pauschalität eine Unterstellung und auch andere „Aufreger“ entpuppen sich bei genauer, sachgerechter Betrachtung als Medienhype. Fakt ist: Smart-TVs funktionieren wie andere mit dem Internet verbundene Geräte nur mit Datenverkehr in beide Richtungen. Offenbar ist das vielen Zuschauern noch nicht so bewusst, während sie gleichzeitig das ganz selbstverständlich bei PC’s, Smartphones und Tablets akzeptieren. Von der „Selbstentblößung“ in Social Media mal ganz abgesehen. Die rechtlichen Vorgaben zum Datenschutz in Deutschland werden von Geräte- wie Dienste-Anbietern eingehalten. So müssen Nutzer erst einmal aktiv einwilligen, bevor sie die interaktiven Dienste am Smart-TV nutzen können. Bei HbbTV-Angeboten werden umfassende Informationen über die Datenverwendung für die Nutzer transparent bereitgestellt. In den Leitlinien zum verantwortlichen Umgang mit Daten auf Smart-TV der Deutschen TV-Plattform haben sich unsere Mitglieder Ende letzten Jahres zu wichtigen Eckpunkten bekannt. Dazu gehören die Möglichkeit zur anonymen Fernsehnutzung, die Prinzipien der Datensparsamkeit und Datenvermeidung, sowie die Vermittlung erkennbarer und umfassender Informationen an den Nutzer über Art und Weise der Datenerhebung sowie deren Zweck. Ebenso bekennen sich unsere Mitglieder zu Transparenz über den Umgang mit Daten, zur Anonymisierung und Pseudonymisierung von Daten, und zur Nutzung von personenbezogenen Daten nur nach ausdrücklicher Einwilligung des Nutzers.

Auch unterstützen die Mitglieder die Möglichkeit zum Aufheben einer Einwilligung zur Datenverwendung durch den Nutzer sowie den Einsatz von sicherheitstechnischen Maßnahmen zum Schutz vor unbefugten Zugriffen durch Dritte. In der Praxis ist das auch umgesetzt: Es gibt bei der Erstinstallation eines Smart-TV und der weiteren Nutzung der App-Portale zahlreiche Button, mit denen der Nutzer Zustimmung oder Ablehnung einstellen kann. Viele Programmanbieter haben auch solche Opt-in-opt-out-Funktionen in HbbTV integriert. Außerdem befinden sich die in unserem Verein organisierten Unternehmen und Verbände in einem fortlaufenden, konstruktiven Dialog mit allen zuständigen Stellen. Denn das Vertrauen der Nutzer ist für die Akzeptanz und somit den Erfolg von Smart-TV unerlässlich.

SATVISION: Vielen Dank für das Gespräch.

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