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Interview Unitymedia – Kabelfernsehen-Abschaltung

27. April 2017

Bereits im nächsten Monat Juni schaltet der zweitgrößte Kabelnetzbetreiber Unitymedia hierzulande das analoge Kabelfernsehen in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg ab. Doch sind auch die analogen Radioprogramme von der Abschaltung betroffen? Wie viele Haushalte schauen aktuell noch analoges Kabelfernsehen? Und was passiert mit den frei werdenden Kapazitäten? Über die Analog-Abschaltung und die Zukunft des Kabelfernsehens sprachen wir mit Herrn Christian Hindennach, Leiter Privatkundengeschäft bei Unitymedia.

SATVISION: Als erster Kabelnetzbetreiber werden Sie hierzulande im Juni die analogen Kabel-Programme vollständig abschalten. Wann genau erfolgt wann die Analogabschaltung?

C. Hindernnach: Wir schalten das analoge Signal zwischen dem 1. und 27. Juni 2017 in unserem Netzgebiet in fünf Wellen ab. Wir beginnen mit dem südlichen Teil Baden-Württembergs am 1. Juni, der Norden folgt am 6. Juni. Die nächste Digitalisierungswelle erfolgt am 13. Juni in Hessen. Die letzten zwei Wellen finden am 20. Juni im südlichen Teil von Nordrhein-Westfalen sowie am 27. Juni in Nord-NRW statt.

SATVISION: Werden Sie Ihr versprechen aus dem vergangenen Jahr halten und Haushalten, welche bis zu der bevorstehenden Analogabschaltung noch über keinen digitalen Kabelempfänger verfügen, diesen kostenlos bereitstellen oder wie sieht das Szenario im Hause Unitymedia aus?

C. Hindernnach: Wir nehmen unsere Kunden, die noch analog fernsehen, an die Hand. Wir werden auf die Kunden, die sich bis zum Stichtag nicht vom digitalen Mehrwert überzeugen lassen, mit besonderen Angeboten zugehen. So werden wir den verbliebenen Analog-TV-Zuschauern als besondere Maßnahme einen leistungsstarken, HD-fähigen Digital-Receiver – den sogenannten „Tschüss analog. Hallo digital!“-Receiver – ab Mitte April zu einem stark vergünstigten Preis zur Verfügung stellen.

SATVISION: Warum ist das Kabelfernsehen hierzulande der einzige Empfangsweg, der auch heute noch Programme analog verbreitet, während über Satellit bereits im Jahr 2012 die Ausstrahlung der letzten analogen Sender eingestellt wurde und auch das Antennenfernsehen diesen Schritt bereits Jahre zuvor vollzogen hat?

C. Hindernnach: Die Digitalisierung des Kabelempfangs ist in Deutschland in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Die Verbraucher wollen einen Schritt weiter gehen und sie haben bereits verstanden, dass der Wechsel zu der zukunftsfähigen HD-Technologie ein Mehr an Fernsehen und Entertainment bietet.

„Wir schalten das analoge Signal zwischen dem 1. und 27. Juni 2017[…] ab.“

SATVISION: Sind auch die analog ausgestrahlten Radiosender von der Analogabschaltung betroffen?

C. Hindernnach: Das analoge Radioangebot ist von der Analogabschaltung im Juni 2017 nicht betroffen. Zurzeit konzentrieren wir uns ausschließlich auf die Volldigitalisierung des Fernsehens.

SATVISION: Wie kann ich überprüfen, ob ich meine Kabelprogramme noch analog empfange und von der Abschaltung betroffen bin?

C. Hindernnach: Kunden, die lediglich etwa 25 Programme empfangen können oder das Antennenkabel direkt an ihrem Röhrenfernseher angeschlossen haben, schauen ganz sicher noch analoges Kabelfernsehen. Denn der digitale Kabelanschluss bietet eine breite Programmvielfalt aus über 100 frei zu empfangenden digitalen TV-Sendern. Kabel-Kunden können mit dem TV-Quick-Check auf der Webseite www.unitymedia.de/digital-verbindet schnell und einfach zu Hause prüfen, ob sie analog oder digital fernsehen.

„In unserem Verbreitungsgebiet […] liegt die Zahl der Analog-TV-Zuschauer zurzeit bei rund 640.000.“

SATVISION: Wie viele Haushalte, welche Sie mit Kabel-TV bedienen, schauen gegenwärtig noch analog, sprich haben bislang noch nicht aufgerüstet und müssen handeln?

C. Hindernnach: In unserem Verbreitungsgebiet in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg liegt die Zahl der Analog-TV-Zuschauer zurzeit bei rund 640.000. Unser Ziel ist es, die verbliebene Zahl der Analog-TV-Kunden bis zum Abschaltzeitpunkt weiter zu reduzieren. Daher intensivieren wir unsere großangelegte und bislang sehr erfolgreiche Informationskampagne nun und setzen sie bis zum Stichtag fort.

SATVISION: Können Sie uns etwas zu der Altersstruktur der analogen Kabelhaushalte sagen?

C. Hindernnach: TV-Kunden, die noch analog fernsehen, gehören vor allem zur älteren Zielgruppe und sind oft alleinstehend. Meistens sind sie aus Gewohnheit noch analoge TV-Zuschauer. Daher setzen wir uns bei unserer Informationskampagne auch dafür ein, dass Angehörige ältere Menschen bei der Umstellung auf Digital-TV unterstützen.

SATVISION: Wie werden Sie die mit der Analog-Abschaltung frei werdenden Kapazitäten zukünftig nutzen?

C. Hindernnach: Mit der Einstellung des analogen Angebots schaffen wir im Kabelnetz mehr Platz für neue HD-Programme und tragen den Bedürfnissen unserer Kunden Rechnung. Digital-TV ermöglicht darüber hinaus mehr Bandbreite für multimediale Dienste wie zum Beispiel Video-on-Demand. Die frei werdenden Kapazitäten lassen sich jedoch nicht nur für mehr digitale TV-/Entertainment-Angebote nutzen, sondern auch für höhere Internetgeschwindigkeiten im Gigabit-Bereich.

SATVISION: Werden Sie zukünftig alle Kanäle (auch in HD) des Pay-TV Anbieters Sky vollständig und flächendeckend in Ihr Kabelnetz einspeisen?

C. Hindernnach: Unser Anspruch ist es, unseren Kunden ein umfangreiches und attraktives Entertainment-Angebot anzubieten. Dazu gehört auch das Angebot von Sky. Es ist durchaus möglich, dass wir unser Sky-Angebot zukünftig erweitern.

SATVISION: Welche Bedeutung haben 4K-Inhalte für Sie als Kabelnetzbetreiber und planen Sie kurz- oder mittelfristig mit UHD-Inhalten, was sowohl den linearen als auch den nonlinearen Empfang betrifft, zu starten?

C. Hindernnach: Wir beobachten die Marktentwicklungen rund um Ultra HD und planen, ein entsprechendes Angebot an den Markt zu bringen. Unsere Kabelinfrastruktur jedenfalls ist für die Übertragung von UHD-Inhalten bereits heute gerüstet.

SATVISION: Wie sieht es in Ihrem Kabelnetz mit der zukünftigen Einspeisung (Verfügbarkeit) von lokalen Sendern aus?

C. Hindernnach: Nahezu alle lokalen Fernsehsender aus Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg sind in unserem Netz verfügbar, viele davon auch in HD. Unser Programmangebot werden wir kontinuierlich erweitern.

SATVISION: Mit welchem Hintergrund haben Ihrer Einschätzung nach alle anderen Kabelnetzbetreiber in Deutschland (u.a. mit Vodafone/Kabel Deutschland auch der größte Netzbetreiber hierzulande) bislang noch kein Datum für die Einstellung der analogen Fernsehprogramme festgelegt und kommuniziert?

C. Hindernnach: Über die Digitalisierungspläne der anderen Netzbetreiber möchte ich nicht spekulieren – wir sehen jedenfalls kein Hindernis für den Digitalumstieg. Wir haben aufgrund des hohen Digitalisierungsgrades bei unseren Kunden gehandelt und mit den Landesmedienanstalten in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen Partner gefunden, die unsere  TV-Volldigitalisierungsstrategie unterstützen.

SATVISION: Was ist unter DOCIS 3.1 zu verstehen und welche Neuerungen gehen mit dem neuen Standard einher?

C. Hindernnach: Der Übertragungsstandard DOCSIS 3.1 – bei Unitymedia heißt er Gigasphere – ist die nächste Evolutionsstufe des bisherigen Kabel-Übertragungsstandards DOCSIS 3.0. Sie ermöglicht die Versorgung mit Gigabit-Geschwindigkeiten. Mit Gigasphere lassen sich in unserem Kabelnetz zukünftig Datenraten von mehr als einem Gigabit pro Sekunde im Downstream und höhere Upload-Geschwindigkeiten als heute im Kabelnetz verfügbar erzielen.

„Durch die Umstellung auf DVB-T2 entstehen diesen Kunden erstmals Kosten. Das ist eine Chance für das Kabelfernsehen […]“

SATVISION: Wann werden Sie den DVB-C2 Standard einführen und welche Veränderungen sind damit verbunden?

C. Hindernnach: Wir setzen auch zukünftig auf DVB-C oder dessen Nachfolger für die Übertragung der Fernsehprogramme. Unsere Kabelinfrastruktur ist so flexibel, dass sie die Entscheidung für einen Übertragungsstandard nicht nötig macht. UHD-Inhalte können künftig über DVB-C, DVB-C2 oder mit Gigabit-Geschwindigkeit via IP verteilt werden. Letztlich wird der Kunde bezüglich der Technik keinen Unterschied bemerken, weil zukünftige Set-Top-Boxen sicherlich mehrere Übertragungswege unterstützen werden.

SATVISION: Mit welchem Hintergrund ist im Kabelnetz von Unitymedia kein klassisches HbbTV (über den Red Button), beispielsweise mit den Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen nutzbar?

C. Hindernnach: Aktuell ist die HbbTV-Integration nicht geplant, da viele der Inhalte, die es über HbbTV gibt, auch bei Horizon verfügbar sind. Aus unserer Sicht sind die Angebote bei Horizon im Gesamtangebot besser integriert als via HbbTV. Der Kunde kann Inhalte aus dem Mediathekenbereich intuitiv besser in das Fernseherlebnis integrieren. Das ist für uns ein wichtiger Faktor, um ein gutes TV-Produkt anbieten zu können. Es schafft zusätzlich Akzeptanz bei der nichtlinearen Nutzung beim Zuschauer. Der Kunde findet die Inhalte besser, da diese auch im Programmführer, auf den Videothekenseiten usw. gelistet sind. HbbTV ist durch die Unterteilung in Sender eher als Ausschnitt des Gesamtangebotes zu sehen.

SATVISION: Gestatten Sie uns noch drei private Fragen: Welchen TV-Empfangsweg favorisieren Sie in Ihrem privaten Wohnzimmer und was für ein Fernseher kommt hier zum Einsatz? Sind Sie der klassische lineare TV-Typ oder eher ein VoD-Nutzer?

C. Hindernnach: In meiner Wohnung in Köln setze ich auf ein Full-HD-Gerät und genieße das Entertainment-Angebot von Unitymedia. Mit der Horizon Box habe ich die Flexibilität, entscheiden zu können, ob ich das aktuelle Fernsehprogram verfolgen möchte, auf das Video-on-Demand-Angebot zugreife oder lieber die neueste Serie bei Netflix streame. Mit unserem Horizon Go Angebot kann ich diese Programmvielfalt auch unterwegs genießen.

SATVISION: Wie schätzen Sie sie Erfolgschancen von DVB-T2 HD, speziell den verschlüsselten Privaten (Freenet TV), ein? Und wie groß ist die Gefahr zahlreiche Ihrer Kabelkunden an das neue Antennenfernsehen zu verlieren?

C. Hindernnach: DVB-T war bislang ideal für alle, die über ihr Zweitgerät kostenlos fernsehen wollten und wenig Wert auf Vielfalt und Bildqualität gelegt haben. Durch die Umstellung auf DVB-T2 entstehen diesen Kunden erstmals Kosten. Das ist eine Chance für das Kabelfernsehen, denn jeder Kunde sucht für sich jetzt die beste Lösung. Im direkten Vergleich mit DVB-T hat das Kabel klar die Nase vorn: Es bietet bei stabilem Empfang mehr Programme in SD und HD, dazu Pay-TV und Video-on-Demand. Zudem können Kabelkunden zuhause auf ihren Zweit- und Drittgeräten ohne Extra-Kosten fernsehen. Daher glaube ich, dass viele DVB-T-Kunden wieder zum Kabel oder zu einer anderen Infrastruktur wechseln.

SATVISION: Bitte vervollständigen Sie zum Abschluss den folgenden Satz: Das in Deutschland über einen Kabelanschluss gegenwärtig noch analoge Programme, digitale Sender in SD- und HD-Qualität parallel ausgestrahlt und verbreitet werden, wobei zahlreiche Fernseher bereits heute mit UHD die vierfache Full HD Auflösung bieten, ist insofern kurios, als dass …

C. Hindernnach: … die Analogtechnik veraltet ist, und die analoge Übertragung der Fernsehprogramme längst nicht mehr den Wünschen der Verbraucher entspricht. Die Digital-TV-Nutzung steigt seit Jahren kontinuierlich, weil die Fernsehzuschauer nach mehr Vielfalt und Qualität verlangen. Ihre Sehgewohnheiten haben sich verändert – die Technologie eröffnet ihnen einfach eine neue Welt der Unterhaltung. Verbraucher wollen heute Inhalte konsumieren, wo und wann sie wollen. Daher war es für uns höchste Zeit, den Empfangsweg Kabel zu digitalisieren.

SATVISION: Vielen Dank für das Gespräch!

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