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Eutelsat KabelKiosk im Interview

07. März 2013

Bis 2016 sollen internetfähige TV-Geräte laut einer Ende Dezember veröffentlichten Prognose des Marktforschungsinstituts Gartner Standard sein. Bereits im abgelaufenen Jahr 2012 lag das Produktionsvolumen von Flachbild-TVs mit Smart-TV-Funktionen weltweit bei 69 Millionen Stück. Zugleich steigen mobile TV-Nutzungen via iPad & Co. Dies hat Folgen für die Zuschauer und die Art des zukünftigen Fernsehkonsums. Ein Interview mit Matthias Schwankl, Director Interactive TV & Innovations bei Eutelsat KabelKiosk, zeigt wohin die Reise geht.

Matthias Schwankl, Director Interactive TV & Innovations, Eutelsat KabelKiosk

SATVISION: Ist Smart TV die Zukunft des Fernsehens?

M. Schwankl: SmartTVs oder besser Connected TVs sind nicht aufzuhalten. In deutschen Wohnzimmern stehen, die gfu und Bitkom Verkaufszahlen der letzten Jahre hochgerechnet, Anfang Januar 2013 bereits über 10 Millionen hybride Endgeräte. Der Fernseher folgt dabei zeitversetzt dem Smartphone, das schon lange mehr ein vernetztes multimediales Endgerät als ein Telefon ist. Zugleich entdecken immer mehr Zuschauer die Möglichkeiten der Verbindung von Internet und Fernsehen über ihren Connected TV. So schließen laut den Beratern von PwC schon fast zwei von drei Käufern ihr neu erworbenes Gerät an das Internet an und rund 80% davon nutzen danach die Verbindung regelmäßig.

SATVISION: Welche Endverbrauchertrends sehen Sie?

M. Schwankl: Die zeitgleiche Mediennutzung nimmt signifikant zu. Laut einer Anywab-Studie nutzt mit 49% knapp die Hälfte der Onliner im Alter zwischen 14 und 49 Jahren bereits den sogenannten Spezial Interview „zweiten Bildschirm“ regelmäßig oder zumindest gelegentlich. Zugleich ändert dies die Nutzung des Fernsehens insgesamt. Zukünftig dreht sich der TVKonsum verstärkt um das Thema Nicht- Linearität. Dabei ist es dem Zuschauer völlig egal, welche Infrastruktur er gerade nutzt. Er will das bestmögliche, verfügbare TV-Erlebnis bei hoher Qualität und Komfort zu vernünftigen Preisen. Fernsehen wird damit orts-, zeit- und geräteunabhängiger. Die verknüpften Infrastrukturen Broadcast und Broadband sind hierbei ein sehr wesentlicher Baustein, um dies zu ermöglichen.

SATVISION: Wohin marschiert die Technik?

M. Schwankl: 50-Zoll und größere Bildschirme waren der Renner im Weihnachtsgeschäft. Zugleich boomen endgeräte-übergreifende TV-Apps und entstehen IP-gestützte interaktive TVPlattformen. In einem Umfeld, in dem sich immer mehr Endgeräte zum TVEmpfang nutzen lassen, entwickeln sich die CE-Hersteller zu Torwächtern der Inhalte. Dabei geht es um Marktmacht und den Kampf offener Standards gegen geschlossene Systeme. Durch die Einsatzmöglichkeiten von IP an quasi jedem Ort gewinnt zudem das Thema Cloudbasiertes TV immens an Bedeutung.

SATVISION: Wie wirken sich die Veränderungen auf TV-Sender und Dienstleister aus?

M. Schwankl: IP verändert den traditionellen TV-Markt elementar. Die klare Abtrennung zwischen den Marktteilnehmern ist Vergangenheit. Alle Akteure versuchen ihre Marktanteile zu festigen und auszubauen. Ob mit neuen Angeboten oder Geschäftsmodellen. Sicher ist, Content bleibt auch in dieser neuen TV-Welt King. Inhalteanbieter können mehr Sender lizenzieren und bieten Endverbrauchern Inhalte über eigene TV-Plattformen an. Anbieter von Pay- TV Diensten festigen ihre Marktanteile durch Innovationen, OTT-Dienste und Multi-Screen Strategien. Unverschlüsselte TV-Sender denken um und weiten ihre Umsätze mit Bezahlangeboten aus. Hierzu zählen etwa verschlüsselte HD-Angebote und begleitende Apps zu Sendungen. Die Technik-Hersteller aggregieren Inhalte und Applikationen, schaffen eigene auf IP-basierende Plattformen und bieten diese den Zuschauern an. Wer als Anbieter von Premium- Bezahlinhalten mit seinen Applikationen auf ein Portal eines SmartTV möchte, muss die Anforderungen des Herstellers erfüllen. Zugleich schaffen sich Internetunternehmen mit eigenen TV-Angeboten über alle Endgeräte hinweg einen völlig neuen Markt.

SATVISION: Wo stößt diese neue TVWelt an Grenzen?

M. Schwankl: Wenn sich diese neue Welt weiter entwickeln will, benötigen wir offene Standards wie HbbTV und deren uneingeschränkte Unterstützung durch die CE-Hersteller. Nur so kann sich eine Angebotsvielfalt entwickeln. Und es sollte Waffengleichheit herrschen. Sehr viele Anbieter von OTT-Diensten und Plattformen bewegen sich in einem freien Raum und werden nicht reguliert. Sie sind zum sehr großen Teil nicht bereit, Erlöse mit den Netzbetreibern zu teilen. Das größte Problem sehen wir in der für die uneingeschränkte Nutzung der SmartTVs nötigen Bandbreite. Rund 70 Prozent aller deutschen Breitbandhaushalte surft nach aktuellen VATM-Zahlen mit maximal 6 Mbit/s. Dies ist ein enormer Flaschenhals, denn schon für den Empfang von Filmen in SD-Qualität wird eine stabile Verbindung mit 3 Megabit benötigt, für vernünftigen HD-Empfang sind dies schon Geschwindigkeiten von 6 Mbit/s. Ganz zu schweigen von der gleichzeitigen Nutzung mehrerer TV-Sender pro Haushalt. Dieser Engpass bietet andererseits gerade den Kabel- und City-Netzbetreibern mit ihren ausgezeichnet ausgebauten Infrastrukturen enorme Chancen und Vorteile gegenüber dem Wettbewerb.

SATVISION: Inwiefern?

M. Schwankl: Sie dürfen sich zukünftig im eigenen Geschäftsinteresse nicht auf die reine Durchleitfunktion beschränken. Netzbetreiber werden zukünftig Endgeräte für TV-Inhalte entweder selbst vermarkten, oder aber ihre Dienste auf hybriden Endgeräten verfügbar machen müssen. Ein interaktives Angebot ist heute in dieser sich rasant verändernden TV-Landschaft kein Vielleicht mehr sondern ein Muss! Der Standard HbbTV hilft, eine Vielzahl von TV-Empfängern zu adressieren. Für Bezahlinhalte, die einen Inhalteschutz wie DRM benötigen, muss darüber hinaus sichergestellt werden, dass die nächste Ausbaustufe des HbbTV-Standards auch in die Fernsehgeräte implementiert wird. Nur so ist es möglich eine Verknüpfung von Broadcast und Broadband auf intelligente und standardisierte Weise zu ermöglichen. Aber neue Dienste müssen nicht nur auf dem Fernseher, sondern zudem auf dem Tablet oder Smartphone nutzbar sein. Hier gibt es vielfältige zusätzliche Anforderungen für Netzbetreiber. Speziell für diese haben wir KabelKiosk choice entwickelt. Dies sichert ihre Marktanteile, erhöht die Bindung der Kunden und schafft Raum für wertvolles Neugeschäft.

SATVISION: Was steckt hinter Ihrem interaktiven HbbTV-Portal KabelKiosk choice?

M. Schwankl: Es ist ein auf dem internationalen HbbTV Standard basierender Dienst, der speziell auf die Anforderungen von Kabel- und IP-Netzbetreibern für neue interaktive Dienste auf dem TV-Gerät zugeschnitten ist. KabelKiosk choice verknüpft und erweitert dabei unsere klassischen linearen Fernsehprodukte mit der Breitbandwelt. Der Dienst bietet umfangreiche Funktionen und interessante Inhalte. Hierzu gehören ein stetig wachsendes Video-on-Demand Angebot mit vielen Hollywood-Blockbustern und anderen attraktiven Spielfilmen auf Abruf, ein erweiterter Bereich mit TV-Apps, wie etwa Nachrichtenanwendungen oder den Mediatheken der TV-Sender. Daneben kann sich der Nutzer über einen TippGuide mit TV- und Filmempfehlungen versorgen sowie auf lokalisierte, individuelle Inhalte zugreifen, die ihnen unsere Partner bereitstellen.

SATVISION: Wie erfolgt der Zugriff?

M. Schwankl: Der Zugang erfolgt z.B. über einen KabelKiosk choice Knopf auf der Einstiegsseite des hybriden Endgerätes und über die sogenannte Red- Button-Funktion per Knopfdruck auf der Fernbedienung. Auf der Startseite des Portals finden sich direkte Links zu den speziellen Angeboten. Der Bediener entscheidet sich dann, welche Dienste und Angebote er nutzen möchte. Navigieren kann er einfach und intuitiv mit den vier Pfeiltasten, OK und BACK.

SATVISION: Welche Voraussetzungen müssen für den Abruf erfüllt sein?

M. Schwankl: Der Zuschauer benötigt eine HbbTV-fähige Set-Top-Box. Wir arbeiten gerade an der Implementierung von choice auf HbbTV-Fernseher. Dabei ist es elementar wichtig, dass der vorher genannte Weg von HbbTV und die Unterstützung des erweiterten Standards HbbTV 1.2.1 von den Herstellern beschritten wird.

SATVISION: Sehen Sie das Ende des klassischen TVs?

M. Schwankl: Nein. Live-Events wie große Shows und Sportereignisse wird sich der Zuschauer lieber auf dem großen Fernseher in Echtzeit und in bester Qualität anschauen. Was wir aber sehen, sind begleitende Applikationen für das klassische TV und ein weiteres Verschmelzen. In Zukunft werden sich die vormals getrennten Endgeräte miteinander verbinden lassen und dem Zuschauer ein integriertes TV-Erlebnis bieten. Wir sind davon überzeugt, dass die wichtigsten TV-Dienste diese Pairing- Möglichkeit zwischen Endgeräten anbieten. Dann ergänzt der Second Screen zukünftig das TV-Erlebnis deutlich mehr als es zu ersetzen.

SATVISION: Vielen Dank für das Gespräch.

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