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DVB-T2 Einführung in Deutschland

06. August 2014

Rund 11 Prozent, also knapp 4,2 Millionen der deutschen Haushalte nutzen das digitale Antennenfernsehen, kurz DVB-T. Mit DVB-T2 steht der Nachfolgestandard in den Startlöchern, der es hierzulande erstmals ermöglichen würde, auch HD-Programme via Antennenfernsehen zu empfangen. Die Öffentlich-Rechtlichen wollen ihre Programme weiterhin unverschlüsselt ausstrahlen und haben sich für einen Start im Jahr 2017 ausgesprochen. Nachdem die Mediengruppe RTL dem terretrischen Empfangsweg den Rücken gekehrt hatte, wollen die Kölner nun bei der DVB-T2 Einführung ganz vorne mit dabei sein. Die Privaten sprechen sich für eine verschlüsselte Ausstrahlung ihrer Programme aus und halten einen Start bereits im Jahr 2016 für möglich. Wir sprachen mit drei wichtigen Marktteilnehmern über die DVB-T2 Einführung in Deutschland.

Fragen zum Thema DVB-T2 an den NDR

NDR

Dr. Michael Rombach, Vorsitzender der Produktions- und Technik-Kommission (PTKO), und Produktionsdirektor NDRDr. Michael Rombach, Vorsitzender der Produktions- und Technik-Kommission (PTKO), und Produktionsdirektor NDR

SATVISION: Welche neuen Möglichkeiten eröffnen sich mit dem DVB-T Nachfolgestandard DVB-T2 für TV-Zuschauer, die ihre Fernsehprogramme per digitalem Antennenfernsehen empfangen?

Dr. M. Rombach: DVB-T2 ermöglicht es, das bisherige Programmangebot zumindest in Teilen in HDTV zu empfangen. Außerdem ist es möglich, die Empfangbarkeit für die mobile Nutzung zu verbessern. Und auch wenn durch den Umstieg auf DVB-T2 nicht „unendlich“ viele Programmplätze zur Verfügung stehen werden, ist auch eine Erweiterung des Programmangebotes denkbar.SATVISION: Sollte Ihrer Ansicht nach ein harte Umstellung von DVB-T auf den Nachfolgestandard DVB-T2 erfolgen oder plädieren Sie für eine Übergangszeit?

Dr. M. Rombach: Für die ARD-Anstalten wird es sicherlich differenzierte Entscheidungen und Vorgehensweisen geben. Auch wenn hierzu noch keine detaillierten Festlegungen vorliegen, sehe ich persönlich zumindest in Ballungsräumen (in denen eine hohe Nutzung von DVB-T vorliegt) einen Simulcast-Zeitraum als notwendig an.

SATVISION: Bislang haben Sie sich für einen Start von DVB-T2 im Jahr 2017 ausgesprochen. Mit der DVB-T2 Einführung in Deutschland soll, anders als bei unseren europäischen Nachbarn, zudem der hocheffiziente Kodierstandard HEVC (H.265) zum Einsatz kommen. Gegenwertig gibt es allerdings noch keine Endgeräte, die den HEVC-Standard unterstützen. Halten Sie vor diesem Hintergrund eine DVB-T2 Einführung bereits im Jahr 2016 hierzulande für umsetzbar? Und wie zeitnah müssten die zwingend erforderlichen und verlässlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden?

Dr. M. Rombach: Aus Sicht der ARD werden nach heutigem Kenntnisstand Anfang 2017 entsprechende Endgeräte zur Verfügung stehen. Wir sind bereits jetzt mit der Endgeräteindustrie in Kontakt und werden diesen noch weiter intensivieren. Möglicherweise können erste DVB-T2-Einführungsschritte in 2016 sinnvoll sein. Die ARD wird die Entwicklung weiterhin aufmerksam beobachten.

SATVISION: Dem aktuellen Digitalisierungsbericht der Medienanstalten ist zu entnehmen, dass im Jahr 2013 rund 11 Prozent der deutschen TV-Haushalte Fernsehen über DVB-T empfangen haben. Das entspricht knapp 4,2 Mio. Haushalten in Deutschland. Allerdings ist nur für rund die Hälfte, also 2,1 Millionen Haushalte DVB-T der einzige Fernsehempfangsweg. Die zweite Hälfte nutzt das digitale Antennenfernsehen für das 2. oder 3. Fernsehgerät im Haushalt. Sind die deutschen Haushalte Ihrer Einschätzung nach bereit, für den Empfang der verschlüsselten privaten HD-Programme auf dem 2. oder 3. TV-Gerät in den vier Wänden nochmals extra zu bezahlen? Zumal einige Haushalte bereits für den Erstempfangsweg Satellit, Kabel und IPTV für zahlreiche private HD-Programme extra zur Kasse gebeten werden.

Dr. M. Rombach: Die Programme der beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter werden auch im neuen Standard DVB-T2 unverschlüsselt und ohne zusätzliche Kosten empfangbar sein. Die Frage nach den Akzeptanzchancen eines verschlüsselten HD-Angebotes kann sicherlich von den privaten Programmveranstaltern beantwortet werden. Ich persönlich finde es im Sinne der Zuschauerinnen und Zuschauer und im Hinblick auf die Zukunftssicherung der Fernsehterrestrik sehr erfreulich, dass auch die privaten Programmveranstalter den Umstieg nach DVB-T2 vollziehen möchten.

SATVISION: Bitte vervollständigen Sie den folgenden Satz: Die Einführung von DVB-T2 in Verbindung mit dem Kodierstandard HEVC in Deutschland ermöglicht, dass …

Dr. M. Rombach: … die terrestrische Fernsehverbreitung ein für die Zuschauerinnen und Zuschauer attraktiver Verbreitungsweg bleibt, mit dem man einfach und auch unterwegs ein breites Programmangebot nutzen kann.

SATVISION: Vielen Dank für das Gespräch

Fragen zum Thema DVB-T2 an MEDIA BROADCAST

MEDIA BROADCAST

Holger Meinzer, Leiter BU TV, MEDIA BROADCASTHolger Meinzer, Leiter BU TV, MEDIA BROADCAST

SATVISION: Welche Möglichkeiten eröffnen sich mit dem DVB-T Nachfolgestandard DVB-T2 für TV-Zuschauer, die ihre Fernsehprogramme per digitalem Antennenfernsehen empfangen?

H. Meinzer: Wir freuen uns, dass sich Mediengruppe RTL Deutschland für die Fortführung ihres DVB-T Engagements entschieden hat. Damit wird nicht zuletzt der Weg zum Wechsel auf den DVB-T2 Standard frei. MEDIA BROADCAST plant den Aufbau einer TV-Plattform im DVB-T2 Standard. Sie wird unter Nutzung des zukunftsweisenden Komprimierungsstandards HEVC deutlich mehr Programme, auch in hochaufgelöster HD-Qualität, als über DVB-T ermöglichen. Das HybridTV-Angebot „multithek“ der MEDIA BROADCAST, das bereits heute IP-basierte TV-Programme und weitere OTT-Inhalte auf den Bildschirm bringt, wird darüber hinaus integraler Bestandteil der DVB-T2-Plattform sein. Ergo: Das terrestrische Fernsehen wird dank ausgezeichneter Bildqualität, umfangreicherem Angebot und On Demand-Diensten noch attraktiver für den Zuschauer. Und dies alles weiterhin gewohnt kostengünstig, unkompliziert und mobil empfangbar.

SATVISION: Sollte Ihrer Ansicht nach ein harte Umstellung von DVB-T auf den Nachfolgestandard DVB-T2 erfolgen oder plädieren Sie für eine Übergangszeit (wenn ja für welchen Zeitraum?)?

H. Meinzer: Die Frage des Simulcastbetriebs befindet sich aktuell in der laufenden Abstimmungen mit allen Beteiligten. Es ist die Absicht aller, den Umstieg auf DVB-T2 so verbraucherfreundlich wie möglich zu gestalten. Um dies sicherzustellen, müssen die notwendigen Frequenzressourcen erhalten bleiben und nicht durch eine frühzeitige Digitale Dividende II entzogen werden, für die auch aktuell seitens der Mobilfunkunternehmen auf Jahre kein Bedarf besteht. Neben der Frage des Simulcast-Zeitraums wird es unseres Erachtens maßgeblich auf ein abgestimmtes und möglichst frühzeitiges Kommunikationskonzept ankommen.

SATVISION: Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten haben sich bislang für den Start von DVB-T2 im Jahr 2017 ausgesprochen. Mit welchem Hintergrund arbeiten Sie jetzt, beispielsweise mit der Mediengruppe RTL, an einem „vorgezogenen“ Starttermin im Jahr 2016? Ist es nicht sinnvoller, einen gemeinsamen DVB-T2 Start umzusetzen?

H. Meinzer: Der beabsichtigte Start mit DVB-T2 im Jahr 2016 soll mit einem breiten Programmmix erfolgen. Konkrete Planungen laufen gegenwärtig noch und hängen maßgeblich von den regulatorischen und politischen Rahmenbedingungen, namentlich der zur Verfügung stehenden Frequenzen ab. Davon wird auch die inhaltliche Ausgestaltung des Startszenarios abhängen.

Wichtig ist uns, den Einstieg in den DVB-T2 Umstieg in einem auch mit ARD und ZDF abgestimmten Verfahren zu schaffen. Daran arbeiten wir, und hierzu wurde mit der Vereinbarung mit RTL ein wichtiger Eckpunkt erreicht. Wenn wir am Ende alle Programmveranstalter auf der Plattform versammelt haben, ist das Ziel erreicht.

SATVISION: Die Öffentlich Rechtlichen wollen ihre HD-Programme via DVB-T2 unverschlüsselt im Free-TV ausstrahlen. Die Privaten hingegen, wie auch im Kabel, über Satellit und per IPTV, ausschließlich verschlüsselt. Wie könnte Ihre mögliche DVB-T2 TV-Plattform in der Praxis aussehen? Welches Verschlüsselungssystem planen Sie einzusetzen, CI/+-Module und mit welchen Kosten müssen TV-Zuschauer rechnen, die private HD-Sender über DVB-T2 schauen möchten?

H. Meinzer: Die Anzahl der HD-Programme, die über DVB-T2 verbreitet werden, steht noch nicht fest. Zum einen ist dies aktuell Gegenstand technischer, geschäftlicher und regulatorischer Überlegungen. Zum anderen werden ARD und ZDF die Anzahl der HD- und ggf. auch SD-Programme eigenständig festlegen. Wir gehen jedoch davon aus, dass der überwiegende Teil aller DVB-T2-Programme in HD-Qualität verbreitet werden. Darüber hinaus ist es auf allen Übertragungswegen gängige Praxis der privaten Programmveranstalter, HD-Programme verschlüsselt zu verbreiten. Entsprechendes ist auch für die DVB-T2-Plattform zu erwarten. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Programme der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF, d.h. ca. die Hälfte des terrestrischen TV-Bouquets, weiterhin unverschlüsselt verbreitet werden. Die Produkt- und Preisgestaltung ist gegenwärtig noch Gegenstand von Überlegungen. Es ist aber das Ziel von MEDIA BROADCAST, dass das terrestrische Fernsehen verbraucherfreundlich und einfach sowie weiterhin einer der günstigsten, wenn nicht der günstigste TV-Empfangsweg bleibt.

SATVISION: Dem aktuellen Digitalisierungsbericht der Medienanstalten ist zu entnehmen, dass im Jahr 2013 rund 11 Prozent der deutschen TV-Haushalte Fernsehen über DVB-T empfangen haben. Das entspricht knapp 4,2 Mio. Haushalten in Deutschland. Allerdings ist nur für rund die Hälfte, also 2,1 Millionen Haushalte DVB-T der einzige Fernsehempfangsweg. Die andere Hälfte nutzt das digitale Antennenfernsehen für das 2. oder 3. Fernsehgerät im Haushalt. Sind die deutschen Haushalte Ihrer Einschätzung nach bereit für den Empfang ihrer HD-Programme auf dem 2. oder 3. TV-Gerät in den vier Wänden nochmals extra zu bezahlen? Zumal einige Haushalte bereits für den Erstempfangsweg Satellit, Kabel und IPTV für zahlreiche private HD-Programme extra zur Kasse gebeten werden.

H. Meinzer: Die Tatsache, dass etwa die Hälfte der DVB-T Haushalte über mehrere Empfangswege verfügt bedeutet nicht, dass DVB-T hier ausschließlich auf Zweit- und Drittgeräten genutzt wird. Laut Digitalisierungsbericht 2013 nutzen 3,1 Millionen oder drei Viertel der DVB-T Haushalte die Terrestrik am ersten bzw. einzigen Gerät. Auch in Zukunft ist es unser Ziel, dass die digitale Terrestrik im Vergleich zu anderen TV-Verbreitungswegen immer eine der günstigsten, wenn nicht die günstigste Empfangsart bleiben wird. Daher sind wir der festen Überzeugung, dass die neue DVB-T2 Plattform mit attraktivem Mehrwert nicht nur bei heutigen Terrestrik-Nutzern punkten wird. Und übrigens auch bei den Programmveranstaltern, wie der Entschluss von RTL zur Fortführung seiner DVB-T Verbreitung ja eindrucksvoll belegt.

SATVISION: Hat die HD+ Plattform des Satellitenbetreibers Astra für Ihre mögliche DVB-T2 TV-Plattform Vorbildcharakter? Oder würden Sie einzelne technische Parameter anders umsetzen wollen?

H. Meinzer: Wir wollen keine Äpfel mit Birnen vergleichen (lacht). Im Ernst: Wir orientieren uns beim Aufbau der DVB-T2 Plattform an unseren Erfahrungen, die wir als jahrelanger Betreiber von DVB-T Sendernetzen in Deutschland sowie als Partner für DVB-T2 im Ausland gesammelt haben. Dieses geballte Know-how wird in die Plattform einfließen und die digital-terrestrische TV-Verbreitung in Deutschland fit für die Zukunft machen. Die Plattform wird sicherlich ein Benchmark werden für das Potential, das in diesem ältesten Rundfunkübertragungsweg steckt. Mit dem Aufbau der Plattform bleibt nicht zuletzt ein wichtiger Verbreitungsweg für den freien und kostengünstigen zu Informationen als Garant für Pluralismus erhalten. Und wir stärken den Wettbewerb der Distributionsformen im Rundfunk insgesamt.

SATVISION: Ende 2009 ging Viseo+ in Stuttgart und Halle/Leipzig mit vier RTL-Sendern (RTL, VOX, RTL II und SUPER RTL) verschlüsselt in SD-Qualität über DVB-T an den Start. Welche Erfahrungen nehmen Sie für Ihre mögliche DVB-T2 TV-Plattform aus diesem, nicht gerade erfolgreich verlaufenen, Geschäftsmodell mit?

H. Meinzer: An diesem Projekt war unser Haus lediglich als Sendernetzbetreiber beteiligt, so dass wir über die Marktakzeptanz der Plattform nur mutmaßen können. Um die Evolution der Terrestrik nach vorne zu treiben sind viele einzelne Schritte notwendig. Für sich betrachtet mag man sie unterschiedlich bewerten, in der Gesamtschau erfüllen sie jedoch ihren Zweck. Aus unserer Sicht wird für die Terrestrik der Zukunft erfolgskritisch sein, dass eine möglichst breite Programmpalette angeboten wird. Was die genannten Regionen betrifft: RTL wird die unverschlüsselte Verbreitung ihrer Programme in den heutigen DVB-T Regionen fortsetzen. Eine Verbreitung in Halle/Leipzig und Stuttgart ist nicht Teil der mit unserem Haus vereinbarten Vertragsverlängerung auf Basis von DVB-T. Für die künftige terrestrische Plattform betrachten wir jedoch, neben anderen, auch diese Regionen sehr genau und können uns mittelfristig durchaus eine Erhöhung der technischen Reichweite gegenüber heute vorstellen.

SATVISION: Mit der DVB-T2 Einführung in Deutschland soll, anders als bei unseren europäischen Nachbarn, zudem der hocheffiziente Kodierstandard HEVC (H.265) zum Einsatz kommen. Bislang gibt allerdings noch keine Endgeräte die den HEVC-Standard unterstützen. Halten Sie vor diesem Hintergrund eine DVB-T2 Einführung im Jahr 2016 hierzulande für umsetzbar? Und wie zeitnah müssten die zwingend erforderlichen und verlässlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden?

H. Meinzer: Richtig, mit dem Start der neuen terrestrischen TV-Plattform ist die Verbreitung im DVB-T2 Standard sowie im zukunftsweisenden Komprimierungsverfahren HEVC geplant. Diese Kombination der beiden derzeit effizientesten Technologien ermöglicht es, dem Zuschauer langfristig ein attraktives TV-Angebot zu bieten, d.h. ausgezeichnete Bildqualität in HD, mehr Programme, und dazu On-Demand-Angebote. Deutschland wird hier zum weltweiten Technologieführer. Ähnliche Überlegungen gibt es auch in Frankreich, Italien und Südkorea. Gegenwärtig findet unter Koordinierung der Landesmedienanstalten eine intensive Diskussion mit den Marktteilnehmern über das konkrete Konzept der Einführung von DVB-T2 statt. Dieses bedarf einer breiten Basis seitens öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk, der Regulierungsbehörden sowie der Politik auf Bundes- und Landesebene. Der Prozess muss mit Nachdruck vorangetrieben werden. Einerseits um durch Einhalten der Zusagen aus dem Koalitionsvertrag nach Abschluss der DVB-T2 Migration die Breitbandziele der Bundesregierung zu unterstützen und andererseits um der Endgeräteindustrie weiter Planungssicherheit zu geben. Wir sind äußerst zuversichtlich, dass dies bis 2016 zu schaffen ist und eine ausreichende Vielfalt an HEVC-fähigen DVB-T2 Empfängern zum Start der neuen Terrestrik Plattform bereitsteht.

SATVISION: Bitte vervollständigen Sie den folgenden Satz: Die mit den verschlüsselten HD-Programmen der Privaten verbundenen Restriktionen wie Aufnahme- und Vorspulsperren bedeuten für den TV-Zuschauer in Bezug auf den gewohnten Komfort bei den SD-Programmen, dass …

H. Meinzer: … der Themenkatalog, über den sich TV Sender und Plattformbetreiber verständigen werden, sehr lang ist.

SATVISION: Vielen Dank für das Gespräch.

Fragen zum Thema DVB-T2 an Mediengruppe RTL Deutschland

RTL

Andre Prahl, Bereichsleiter, Programmverbreitung, Mediengruppe RTL DeutschlandAndre Prahl, Bereichsleiter, Programmverbreitung, Mediengruppe RTL Deutschland

SATVISION: Zu Beginn des vergangenen Jahres hat die Mediengruppe RTL den DVB-T Ausstieg in Deutschland angekündigt und somit dem Antennenfernsehen den Rücken gekehrt. Anfang Juni diesen Jahres haben Sie die Verbreitungsverträge mit Media Broadcast um weitere zwei Jahre bis 2016 verlängert. Mit welchem Hintergrund kommt es jetzt zum Rückzug vom Rückzug?

A. Prahl: Ein Grund für den Anfang 2013 angekündigten Rückzug aus der teuren DVB-T-Verbreitung war, dass damals ein durch die Politik garantierter Verbleib der für digitales Antennenfernsehen notwendigen terrestrischen Frequenzen beim Rundfunk nicht erkennbar war. Nachdem die Politik Ende des Jahres im Koalitionsvertrag die nötigen Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass die Frequenzen für einen Umstieg auf DVB-T2 für den Rundfunk erhalten bleiben, haben wir eine Überprüfung der einzelnen DVB-T Regionen angekündigt. Die nun geplante Einführung von DVB-T2 kann dem digitalen terrestrischen Fernsehen eine echte Zukunftsperspektive bieten. Als privatwirtschaftlicher Fernsehanbieter können wir unter Kostengesichtspunkten unsere Verbreitung über die digitale Terrestrik nur dann fortsetzen, wenn es gelingt, diese mittelfristig wirtschaftlich profitabel zu gestalten. Mit der angestrebten Verbreitung unserer HD-Programme über eine DVB-T2 Plattform rückt diese Option in greifbare Nähe.

SATVISION: Sie streben nach eigenen Aussagen ab 2016 eine Verbreitung ihrer HD-Programme über eine mögliche DVB-T2 Plattform von Media Broadcast an. Warum kommt für Sie als privater Sendebetreiber ausschließlich eine verschlüsselte Verbreitung ihrer HD-Programme in Frage?

A. Prahl: HDTV ist die zukünftig relevante Verbreitungsform. Eine weiterentwickelte Terrestrik muss dem Rechnung tragen. Im Kabel und auf dem Satelliten sind unsere HD-Programme sehr erfolgreich. Wir möchten auch terrestrischen Zuschauern dieses Angebot machen.

SATVISION: Wie sollte die DVB-T2 Plattform ihrer Ansicht nach umgesetzt werden?

A. Prahl: Um DVB-T2 erfolgreich einzuführen, ist es unabdingbar, dass die beteiligten Rundfunkveranstalter unter ökonomisch stabilen Rahmenbedingungen verschlüsselt ausstrahlen können.

SATVISION: Dem aktuellen Digitalisierungsbericht der Medienanstalten ist zu entnehmen, dass im Jahr 2013 rund 11 Prozent der deutschen TV-Haushalte Fernsehen über DVB-T empfangen haben. Das entspricht knapp 4,2 Mio. Haushalten in Deutschland. Allerdings ist nur für rund die Hälfte, also 2,1 Millionen Haushalte DVB-T der einzige Fernsehempfangsweg. Die andere Hälfte nutzt das digitale Antennenfernsehen für das 2. oder 3. Fernsehgerät im Haushalt. Sind die deutschen Haushalte Ihrer Einschätzung nach bereit für den Empfang ihrer HD-Programme auf dem 2. oder 3. TV-Gerät in den vier Wänden nochmals extra zu bezahlen? Zumal einige Haushalte bereits für den Erstempfangsweg Satellit, Kabel und IPTV für zahlreiche private HD-Programme extra zur Kasse gebeten werden.

A. Prahl: Eine attraktive DVB-T2 Plattform adressiert alle Haushalte, die einen Zugang zu TV-Programmen mittels terrestrischem Empfang wünschen, unabhängig ob am Erst- oder Zweitgerät. Im Übrigen werden zunehmend auch im Zweit- und Drittgerätebereich Displays mit größeren Diagonalen genutzt, die für einen Empfang mit einer höheren Auflösung ebenfalls in Frage kommen.

SATVISION: Ende 2009 ging Viseo+ in Stuttgart und Halle/Leipzig mit vier RTL-Sendern (RTL, VOX, RTL II und SUPER RTL) verschlüsselt in SD-Qualität über DVB-T an den Start. Welche Erfahrungen nehmen Sie aus diesem, nicht gerade erfolgreich verlaufenen, Geschäftsmodell mit?

A. Prahl: Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist zweifelsfrei, dass sich ein Angebot nur dann nachhaltig durchsetzen kann, wenn es einen deutlichen Mehrwert bietet und überregional angeboten wird.

SATVISION: Mit der DVB-T2 Einführung in Deutschland soll, anders als bei unseren europäischen Nachbarn, zudem der hocheffiziente Kodierstandard HEVC (H.265) zum Einsatz kommen. Bislang gibt allerdings noch keine Endgeräte die den HEVC-Standard unterstützen. Halten Sie vor diesem Hintergrund eine DVB-T2 Einführung im Jahr 2016 hierzulande für umsetzbar?

A. Prahl: Bei einem Wechsel von DVB-T zu DVB-T2 setzen wir voll auf einen gleichzeitigen Wechsel hin zu HEVC. Auf die sich aus dem neuen Kodierungsstandard ergebende höhere Effizienz zu verzichten, wäre für alle Marktbeteiligten ein enormer Nachteil. Nationale und internationale Entwicklung lassen eine HEVC-basierte Endgerätepopulation schon bald realistisch erscheinen. Zudem ist insbesondere im Falle der Terrestrik eine langfristig auf ökonomische Frequenznutzung angelegte Betriebsart sicherlich höher zu bewerten als die kurzfristige Verfügbarkeit von Endgeräten zu Beginn. Wir sind aber zuversichtlich, dass auch letzteres der Fall sein wird.

SATVISION: Die Öffentlich-Rechtlichen haben sich für einen DVB-T2 Start im Jahr 2017 ausgesprochen. Präferieren Sie einen gemeinsamen DVB-T2-Start oder können Sie sich auch einen „exklusiven“ Start im Jahr 2016 ohne die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten vorstellen?

A. Prahl: Ein gemeinsamer Start wäre auf jeden Fall begrüßenswert. In jedem Fall muss für den Fernsehzuschauer Planungssicherheit bestehen.

SATVISION: Bis zu welchem Zeitpunkt könnte Ihrer Einschätzung nach der Umstellungsprozess auf DVB-T2 flächendeckend abgeschlossen sein?

A. Prahl: Nach den Anfang Juni kommunizierten Planungen der Medienanstalten soll der DVB-T2 Umstellungsprozess in der Fläche im Jahr 2020 insgesamt abgeschlossen sein. Wir sind jedoch in erster Linie am Erhalt der heute mit DVB-T versorgten Ballungsräumen interessiert. Die Umstellung sollte nach Möglichkeit innerhalb eines kurzen Zeitfensters ab dem genannten Startzeitpunkt abgeschlossen sein.

SATVISION: Setzen Sie zukünftig ausschließlich auf die Verbreitung ihrer verschlüsselten HD-Programme via DVB-T2 oder planen Sie parallel dazu wie im Kabel oder über Satellit die Ausstrahlung ihrer Programme in SD-Qualität im Free-TV?

A. Prahl: Wir streben keine Parallelausstrahlung an, sondern möchten die Option, unsere HD-Programme terrestrisch empfangen zu können, in den Vordergrund stellen.

SATVISION: Welchen Stellenwert nehmen bei einer möglichen verschlüsselten Ausstrahlung ihrer HD-Programme über DVB-T2 Restriktionen wie Aufnahme- und Vorspulsperren ein (die ProSiebenSat.1 Gruppe hat diese ja kürzlich gelockert und ermöglicht für die eigenen HD-Programme erstmals via Satellit Aufnahmen über ein CI+ Modul)?

A. Prahl: Wie Sie wissen, sind unsere Sender werbefinanziert. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass unsere Werbung auch messbar und vermarktbar bleibt. Dies gilt auch für eine terrestrische HD-Ausstrahlung.

SATVISION: Ein Blick in die Zukunft: Wird es zukünftig, wenn ihre SD-Sender in einigen Jahren via Kabel, Satellit, Antennenfernsehen und IPTV eingestellt werden, die privaten TV-Programme der Mediengruppe RTL ausschließlich gegen Bezahlung in HD-Qualität empfangbar sein?

A. Prahl: Eine Abschaltung der SD-Verbreitung ist aus heutiger Sicht nicht absehbar.

SATVISION: Bitte vervollständigen Sie den folgenden Satz: Die Einführung von DVB-T2 in Verbindung mit dem Kodierstandard HEVC in Deutschland ermöglicht es …

A. Prahl: … privatwirtschaftlichen Fernsehanbietern, die Verbreitung über die digitale Terrestrik wirtschaftlich darstellbar fortzusetzen.

SATVISION: Vielen Dank für das Gespräch.

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