Skip to main content
search
0

Unitymedia im Interview

21. Dezember 2017

Unitymedia, der zweitgrößte Kabelnetzbetreiber hierzulande hat als erster Netzbetreiber die analogen TV-Programme in seinem Kabelnetz abgeschaltet und sich nun zur Aufgabe gemacht das Netz fit für die Zukunft zu machen. Über die Probleme bei der Analogabschaltung und die Zukunftsvisionen sprachen wir mit Herrn Christian Hindenach, Geschäftsführer und Chief Commercial Officer bei Unitymedia.

SATVISION: Was ist unter der GIGAWorld zu verstehen und was verbinden Sie persönlich mit dieser?
C. Hindenach: Die GIGAWorld ist ein groß angelegter Netzausbau, der Millionen Haushalte GIGAReady machen soll. Ziel ist eine Datenübertragungsrate von einem GIGAbit oder mehr pro Sekunde. Ein enormer Schritt im Vergleich zur derzeitigen Bandbreite im Unitymedia Kabelnetz von maximal 400 Mbit. GIGAWorld ist das wichtigste und größte Projekt, dass Liberty in den nächsten Jahren umsetzt. Und zwar in allen 12 europäischen Ländern, in denen Liberty aktiv ist. Wir erschließen White Spots, schließen Lücken und modernisieren Zuführnetze und Hausverkabelungen. Wir bringen Glasfaser immer dichter zum Kunden und ermöglichen Zugang zu GIGA Speeds – ganz ohne Fördergelder. Unser Ziel ist es, möglichst vielen Menschen Zugang zu unserer leistungsfähigen Infrastruktur und unseren Diensten zu bieten, in Stadt und Land – für eine echte Teilhabe am digitalen Leben, für mehr Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand.

Ziel ist eine Datenübertragungsrate von einem Gigabit oder mehr pro Sekunde.

SATVISION: Halten Sie in diesem Zusammenhang auch Sportveranstaltungen, die über dreidimensionale Hologramme übertragen werden für möglich?
C. Hindenach: Ja das halten wir definitiv für möglich. Wir freuen uns darauf, unseren Kunden quasi in eine Live-Tribünenatmosphäre in einem Stadion versetzen zu können. Statt einer vorgeschriebenen Kameraperspektive erhält der Zuschauer so seine eigene Perspektive durch Kopfbewegungen – wie in der Realität auch. Grundsätzlich finden wir Innovationen wie Virtual Reality, Augmented Reality und eben dreidimensionale Hologramme sehr spannend, um etwa solch große Sportevents mit den dann nötigen Bandbreiten für jeden zugänglich zu machen und sie in heimische Wohnzimmer zu holen. Aber um solche Inhalte übertragen zu können, braucht es hohe Bandbreiten. Und diese liefern wir bereits heute mit unseren Unitymedia GigaSpeeds. Bis zur Marktreife solcher Technologien werden wir die Kapazitäten unseres Kabelnetzes zudem stetig ausbauen. Aktuell arbeiten die Sportveranstalter, Broadcaster und Netzbetreiber aber definitiv noch an einem Massenmarkt für die UHD Übertragungen.

SATVISION: Was sind für Sie als Kabelnetzbetreiber die größten Herausforderungen, um Kunden noch schnellere Breitbandanschlüsse zur Verfügung zu stellen?
C. Hindenach: Private Unternehmen, die in Breitbandausbau investieren, brauchen eine gewisse Sicherheit, dass sich ihr Kapitaleinsatz langfristig lohnt – Stichwort planbarer und verlässlicher Kapitaleinsatz. Ein sich ständig änderndes Regulierungsumfeld erschwert das Planen und hemmt damit den Breitbandausbau massiv. Dazu gehört besonders die Diskussion um die Zugangsansprüche für Wettbewerber, die eigene Investitionen scheuen und damit den Anreiz für investierende Unternehmen gefährden. Daher gibt es unserer Meinung nach nur einen sinnvollen Weg, und zwar eine langfristig angelegte Deregulierung des Marktes, um Infrastrukturwettbewerb zu fördern und Anreize für Investitionen zu schaffen – nur so kommt Deutschland in Sachen Breitbandausbau weiter. Staatliche Mittel sollen nicht komplett gekappt, wohl aber mit Augenmaß und effizient eingesetzt werden. Denn nur so kann die Dynamik des Ausbaus genutzt werden. Das gilt gleichermaßen für den Regulierungsrahmen, eigene staatliche Ausbauaktivitäten durch die kommunalen Gebietskörperschaften und das – im Grundsatz durchaus sinnvolle und notwendige – Förderregime.

[…] TV-Kunden technische Empfangsprobleme… Ursache… erhöhte elektromagnetische Einstrahlung […]

SATVISION: Herr Heinz-Peter Labonte, Vorsitzender des Fachverband Rundfunk- und BreitbandKommunikation hat erst kürzlich eine Netznutzungsgebühr seitens datensiver Audio- und Videodienste wie Amazon Prime, Netflix, Youtube und Co. gefordert, sprich eine Beteiligung an den Ausbaukosten der künftigen Gigabit-Netze. Wäre dies nicht auch für Sie eine interessante neue Einnahmequelle nachdem die Öffentlich-Rechtlichen seit Jahren keine Einspeiseentgelte mehr an die Kabelnetzbetreiber entrichten?
C. Hindenach: Man muss hier unterscheiden: Bei den Einspeiseentgelten im linearen Kabelfernsehen geht es um die feste Zuweisung einer bestimmten Übertragungskapazität, die dann nur für die Verbreitung dieses einen speziellen Fernsehsenders genutzt wird, und das auf der gesamten Strecke von der zentralen Übernahmestelle bis hin zu jedem einzelnen Kunden. Bei Internetdiensten über das offene Internet haben wir eine ganz andere Basis: Für die DOCSIS-Kanäle ist es einerlei, welche Dienste darüber vom Kunden genutzt werden. Natürlich wird es am Ende wichtig sein, dass sich für alle Beteiligten in diesem Gesamtsystem ihre hohen Investitionen auch rentieren, d.h. sowohl für die Anbieter von Diensten als auch für die Netzbetreiber. Da alle Beteiligten am Ende aufeinander angewiesen sind, bieten sich Partnerschaften an, aber das Modell der starren Kapazitätszuweisung mit entsprechenden Qualitätsanforderungen der Sender und regulierten Entgelten lässt sich hier nicht eins zu eins übertragen.

SATVISION: Apropos Herausforderung. Als erster Kabelnetzbetreiber haben Sie hierzulande die Abschaltung der analogen TV-Programme vollzogen. Wie lautet Ihr persönliches Fazit sowohl zu der Analogabschaltung als auch zum Change Day, sprich dem Tag an dem Sie die Senderplätze der TV-Programme in Ihrem Kabelnetz neu sortiert haben – was Ihren eigenen Angaben zufolge bei rund 70.000 Kabel-Kunden zu einem Programm-Chaos respektive einem schwarzen TV-Bildschirm führte? Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus dieser Misere?
C. Hindenach: Unitymedia hat als erster Kabelnetzbetreiber das analoge Kabelfernsehen eingemottet und damit Pionierarbeit geleistet. Wir haben TV-Geschichte geschrieben und mehr als sechs Millionen TV-Kundenhaushalte mit volldigitalen TV-Diensten ausgestattet. Mit der Analogabschaltung haben wir in unserem hochleistungsfähigen, glasfaserbasierten Netz noch mehr Platz für Gigabit-Geschwindigkeiten und noch bessere Produkte geschaffen. So können wir unseren Kunden eine noch größere Programmvielfalt in SD und vor allem in HD bieten. Mit der Senderneubelegung und Nutzung von niedrigeren Frequenzen machen wir die Datenkanäle schon heute bereit genug für die Datenströme von morgen. Gleichzeitig rüsten wir unser Kabelnetz mit DOCSIS 3.1 auf. Künftig wird die Nachfrage nach immer höheren Datenraten (bzgl. Streaming-Nutzung; 4k; UHD) immer weiter steigen. Das weltweite Datenvolumen verdoppelt sich alle zwei Jahre. Schon heute bucht knapp jeder zehnte Internet-Neukunde bei Unitymedia bereits 400 Mbit/s. Wir wollen unseren Kunden ein verlässliches und zukunftsfähiges Kabelnetz bieten. Insgesamt haben wir nochmals sechs Millionen Euro in die technische Kundenaufrüstung investiert. Jährlich stecken wir 25 Prozent des Umsatzes in die Netzmodernisierung, die Netzerweiterung und Produkte. Beim Change Day in NRW hatten ca. 2% der TV Kunden technische Empfangsprobleme vor allem bei den Privatsendern in SD. Ursache war eine erhöhte elektromagnetische Einstrahlung, die die Übertragung des TV-Signals im unteren Frequenzbereich bei den Anschlüssen einiger Kunden aufgrund der dort vorhandenen fehlerhaften Schirmung von Kabeln oder Steckern störte. Dies haben wir zeitnah erkannt und die Senderbelegung generell in störungsfreiere Frequenzen verschoben. Somit haben wir die Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung der nachfolgenden Change Days in Hessen und Baden-Württemberg gelegt. Im Falle von Empfangsstörungen haben wir unseren Kunden bei diesen Change Days, gerade in NRW, kostenlose HD-fähige TV-Empfangsboxen und abgeschirmte Antennenkabel zur Verfügung gestellt. Ferner erhalten die Kunden einen Monat lang die kostenlosen Pay TV Sender Nat Geo Wild & TNT Film. Die Lehre die wir daraus ziehen ist sicherlich, dass wir nicht erwartet haben, dass noch so viele schlecht abgeschirmte Kabel und Endgeräte im Umlauf sind. Wir sehen hier daher einen Aufklärungsauftrag hinsichtlich der technischen Voraussetzungen für digitale Dienste auf unserer Seite und diesem wollen wir künftig auch stärker gerecht werden.

SATVISION: Wann werden Sie die Übertragung der analogen Radiosender in Ihrem Kabelnetz einstellen?
C. Hindenach: Aufgrund der noch hohen Nutzungsakzeptanz des analogen Hörfunkangebots im deutschen Kabelnetz und der vergleichsweise geringen Verbreitung von digitalen Kabel-Radioempfängern führen wir die analoge Verbreitung der Hörfunkprogramme vorerst fort. Aktuell stimmen wir die Analog FM-Abschaltungs-Erfahrungen unserer Liberty Schwestergesellschaft in Österreich mit den Liberty Ländergesellschaften ab. Weiterhin findet parallel auch ein Austausch zu diesem Thema über alle Netzbetreiber in Deutschland statt. Langfristig streben wir eine vollständige Kabeldigitalisierung inkl. Radio an.

SATVISION: Wie wird sich das traditionelle lineare Fernsehern Ihrer Einschätzung nach entwickeln und welches Potential sehen Sie für die TV Streaming-Dienste?
C. Hindenach: Das lineare Fernsehen ist nicht mehr die einzige Art des Fernsehkonsums. Immer mehr – vor allem auch junge – Menschen nutzen Fernsehen auf Abruf und auf alternativen Endgeräten. Der alte Röhrenfernseher hat ausgedient, ebenso die herkömmliche Art und Weise, wie Menschen Filme, Musik und Inhalte konsumieren. Eben ohne Programmdirektor, sondern die Inhalte dann sehen, wo und wann ich möchte. Wie vor einigen Jahren in der Musik durchläuft das Fernsehen derzeit die digitale Transformation. Dies betrifft technische Verbreitung, Zugang zur Infrastruktur und Nutzung der Inhalte. Lineares Fernsehen und Streaming-Dienste werden unserer Einschätzung nach künftig nebeneinander existieren. Für beides gibt es eine große Klientel und der Trend wird künftig noch stärker in die Parallelnutzung gehen.

SATVISION: Discovery hat sich mit Eurosport HD2 Xtra erstmals zum größten Teil exklusive Live TV-Rechte für die Übertragung von 45 Spielen/Partien der Fußball-Bundesliga gesichert. Warum lässt sich der Sender in Ihrem Kabelnetz, anders als über den TV-Empfangsweg Satellit, (bislang) nicht empfangen und können Sie Freunden des runden Leders Hoffnung machen?
C. Hindenach: Uns liegt es naturgemäß am Herzen, unseren Kunden das beste multimediale Entertainment zu bieten und das heißt auch den Sport- und Fußballfans. Aktuell befinden wir uns noch in Verhandlungen mit unserem Partner Eurosport aber wir sind zuversichtlich, dass wir unseren Kunden künftig exklusiven Sport Content liefern können.

SATVISION: Was verbinden Sie persönlich mit der Alexa-Sprachsteuerung des Onlineriesen Amazon?
C. Hindenach: Alexa ist auch in unseren Haushalt eingezogen. Ich bin ein großer Fan sprachgesteuerter Systeme, weil sie in erster Linie den Alltag so viel einfacher machen und ein Plus an Komfort für den Nutzer bedeuten. Mittelfristig planen wir auch eine Sprachsteuerung für unsere Horizon Box, sodass unsere Kunden noch einfacher und komfortabler unsere Dienste nutzen können.

SATVISION: Gestatten Sie uns an dieser Stelle noch zwei private Fragen: Welchen TV-Empfangsweg nutzen Sie privat und was für ein TV-Gerät schmückt Ihr privates Wohnzimmer?
C. Hindenach: Da ich leider außerhalb von Kabelverbreitung wohne, nutze ich zu Hause SAT-Empfang und zwar via meines Samsung Smart TVs.

SATVISION: Sind Sie eher der traditionelle lineare TV-Typ oder nutzen Sie auch VoD Streaming-Angebote?
C. Hindenach: Ich bin definitiv jemand der beides gern und häufig nutzt. So wie in den meisten deutschen Haushalten läuft auch bei uns Sonntagabends der Tatort oder ich verfolge aktuelle Sportereignisse und -berichte über lineares TV. Auf der anderen Seite bin ich beispielsweise ein großer Serienfan und schaue US-Serien oder Filme via Video on Demand. Auch die meisten Apps, zeitversetztes Fernsehen und die Empfehlungen finde ich klasse. Ich kann mir nicht vorstellen, auf eines der beiden zu verzichten.

SATVISION: Bitte vervollständigen Sie zum Abschluss den folgenden Satz: „Die vollzogene Abschaltung der analogen TV-Programme im Kabelnetz von Unitymedia bringt für den Kunden …“
C. Hindenach: … Gigabit-Geschwindigkeiten, noch bessere Produkte und eine noch größere Programmvielfalt in SD und vor allem in HD. Mehr als sechs Millionen TV-Kundenhaushalte empfangen jetzt volldigitale TV-Dienste. Wir haben unser Netz so schnell und umfassend fit gemacht, dass wir als einziger Anbieter in unserem Verbreitungsgebiet echtes Highspeed Internet für den Massenmarkt anbieten können – egal ob in der Großstadt oder auf dem Land.

SATVISION: Vielen Dank für das Gespräch.

Close Menu