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Unitymedia im Interview über ihre geplante Analogabschaltung

28. April 2016

Unitymedia hat als zweitgrößter Kabelnetzbetreiber hierzulande als erster und bislang einziger Netzbetreiber mit dem 30.06.2017 ein festes Datum für die Abschaltung der analogen TV-Programme bekanntgegeben. Wer heute noch analog schaut, wie viele Haushalte bis zum Abschalttermin noch nicht umgeschaltet sein werden und warum das UKW-Radio zumindest vorerst von der Analog-Abschaltung ausgenommen ist sowie wie die frei werdenden Kapazitäten zukünftig genutzt werden sollen, dazu sprachen wir mit Herrn Christian Hindennach, Leiter des Privatkundengeschäfts bei Unitymedia.

SATVISION: Herr Hindennach, im Jahr 2003 haben Sie die ersten digitalen TV-Sender in das Unitymedia-Kabelnetz eingespeist. Im Jahr 2010 folgten sieben Jahre später die ersten HD-Sender und 2013 die Aufhebung der Verschlüsselung der großen Privaten in SD-Qualität. Nun haben Sie mit dem 30. Juni 2017 als erster Kabelnetzbetreiber ein Datum für die Abschaltung des Analog-TV fixiert. Wie viele Unitymedia-Haushalte schauen heute noch analog und mit welchem Hintergrund haben Sie den 30. Juni 2017 gewählt?

C. Hindennach: Der Großteil unserer Kunden ist schon jetzt begeisterter Nutzer des digitalen Fernsehens: Der Anteil der Digitalhaushalte in den drei von uns versorgten Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg liegt derzeit bei 85 Prozent. Jeden Tag überzeugen sich neue Haushalte von den Vorteilen der digitalen Vielfalt und steigen vom analogen aufs digitale Kabelfernsehen um. Die Informationskampagne, mit der wir die betroffenen Zuschauer auf die Analogabschaltung aufmerksam machen, wird diese Entwicklung beschleunigen. Hinzu kommt, dass 2016 mit der Fußball-EM und den Olympischen Spielen ein grandioses Sportjahr ist – und das gibt der Digitalisierung erfahrungsgemäß weiteren Aufschwung. Wir gehen davon aus, dass zum Stichtag 30.06.2017 rund 95 Prozent unserer Kunden digitales Fernsehen nutzen. Der Zeitpunkt des Digitalumstiegs und dessen frühzeitige Ankündigung geben unseren Kunden und Partnern, etwa im Fachhandel, einen über einjährigen Vorlauf und damit ausreichend Zeit, sich darauf vorzubereiten.

SATVISION: Warum haben Ihrer Einschätzung nach die aktuell analogen Haushalte bislang noch nicht die Vorteile von Digital-TV sowie die damit verbundenen Zusatzdienste verstanden?

C. Hindennach: Viele Analoghaushalte verfügen bereits über eine digitale Empfangsmöglichkeit, etwa über einen Flachbildfernseher mit eingebautem DVB-C-Kabeltuner, wissen das nur nicht. Die größere Programmvielfalt und bessere Bild- und Tonqualität stünde ihnen also bereits zur Verfügung – ohne Zusatzkosten. Vielen Zuschauern ist das digitale Fernsehen zwar bekannt, aber sie scheuen den vermuteten Aufwand des Umstiegs, dabei wäre dafür oft nur ein Tastendruck auf der Fernbedienung nötig. Das digitale Signal liegt an allen Anschlussdosen an. Nach unseren Erfahrungen sind die Analogzuschauer vorwiegend weiblich, älter als 66 Jahre, überwiegend Rentner und verfügen über ein Einkommen bzw. Rente von unter 1.500 Euro pro Monat. Sie leben größtenteils in mittelgroßen Städten oder im ländlichen Bereich, meist handelt es sich um Ein-Personen-Haushalte. Mit unserer Informationskampagne wollen wir den Analogzuschauern die Vorteile des digitalen Fernsehens vermitteln und ihnen erklären, wie einfach der Umstieg ist. Auf unserer Webseite zum Digitalumstieg zeigt ein Video zum Beispiel auf leicht verständliche Weise, wie einfach ein älteres Fernsehgerät für Digital-TV fit gemacht werden kann.

SATVISION: Bereits im vergangenen Sommer (2015) haben Sie mit der Abschaltung der ersten analogen TV-Programme begonnen. Vor welchem Hintergrund führen Sie die analoge TV-Abschaltung in zwei Zwischenschritten (Juli 2015 sowie Mai/Juni 2016) durch, bis dann am 30. Juni 2017 die vollständige Abschaltung erfolgt?

C. Hindennach: Im Interesse unserer analog schauenden Kunden und der Verbraucher haben wir uns für eine schrittweise Reduktion der analogen Kapazitäten und für die frühzeitige Ankündigung des finalen Abschalttermins entschieden. Eine „harte“ Abschaltung haben wir stets abgelehnt. Wir stellen die Nachfrage des Zuschauers in den Mittelpunkt unserer Digitalisierungsstrategie. Die Nachfrage der digitalen Mehrheit hat nun eine kritische Masse erreicht, die den Analogausstieg alternativlos macht: Wir lösen die analoge Bremse und stellen um auf voll digital.

… Analogzuschauer vorwiegend weiblich, älter als 66 Jahre, überwiegend Rentner …

SATVISION: Was steckt hinter dem Pilotprojekt in der Stadt Hanau und welche Bedeutung hat dieses für Sie als Kabelnetzbetreiber?

C. Hindennach: Unitymedia stellt am 20. September 2016 in Hanau als erste Stadt in seinem Verbreitungsgebiet das analoge Programmangebot ein. Mit der Volldigitalisierung im Kabelnetz können mehr als 45.000 Unitymedia-Kunden eine größere TV-Vielfalt und bessere Bild- und Tonqualität genießen. Hanau ist aus unserer Sicht die perfekte Pilotstadt, weil die demografische Struktur der Stadt die demografische Lage Deutschlands widerspiegelt. Die Reaktionen der Bewohner werden wir genau verfolgen, damit klar wird, wie die Menschen die Digitalisierung annehmen und bei welchen Fragen sie noch mehr Informationen benötigen. Die Erkenntnisse, die wir aus Hanau gewinnen, werden wir in die weitere Volldigitalisierung unseres Kabelnetzes einfließen lassen.

SATVISION: Wie viele Haushalte werden Sie Ihrer Prognose nach bis zum Stichtag 30.06.2017 umgestellt haben und wie wollen Sie die noch analogen Haushalte zum Umstieg auf Digital-TV überzeugen?

C. Hindennach: Wir gehen davon aus, dass zum Zeitpunkt der Analogabschaltung am 30. Juni 2017 rund 95 Prozent unserer Kunden digitales Fernsehen nutzen. Das Ziel wollen wir durch das gemeinsame Vorgehen aller Beteiligten und die begleitende Informationskampagne erreichen, die den betroffenen Zuschauern anschaulich vermittelt, wie einfach sie sich das digitale Fernsehen auf den Bildschirm holen können. Dabei fließen auch die Erfahrungen ein, die unsere Schwestergesellschaften UPC Austria in Österreich und UPC Cablecom in der Schweiz bei der Volldigitalisierung machen beziehungsweise gemacht haben.

SATVISION: Welche Vorteile verbinden Sie mit der Volldigitalisierung im Kabel in Bezug auf die bei den Zuschauern beliebten Regional­programme?

C. Hindennach: Wir sind uns der hohen Werthaltigkeit und Bedeutung des regionalen Fernsehens bewusst und legen daher großen Wert darauf, dass die Veranstalter ebenso wie die großen Programmanbieter von den Vorteilen der Digitalisierung und der Analogabschaltung profitieren, die Platz für mehr Programme schafft. So speisen wir etwa ab Mai 2016 die Sat.1-Regionalfenster für Nordrhein-Westfalen und Hessen in HD-Qualität in unser Kabelnetz ein. In Baden-Württemberg stehen die Regionalsender Regio TV Schwaben (Ulm), Regio TV Bodensee (Ravensburg), Regio TV Stuttgart, Baden TV (Karlsruhe), L-TV (Heilbronn) und RTF1 (Reutlingen) den Unitymedia-Kunden ab September 2016 in HD-Qualität zur Verfügung.

SATVISION: Unitymedia-Kunden die bis zum Stichtag noch nicht umgestellt haben und keine taugliche Hardware für den digitalen TV-Empfang besitzen, wollen Sie eine kostenlose Set-Top-Box bereitstellen und keine Mietgebühr berechnen. Werden Ihrer Einschätzung nach jetzt clevere Haushalte bis zum Stichtag warten, um von Ihrem Angebot profitieren zu können?

C. Hindennach: Clevere Haushalte nutzen schon jetzt die Vorteile des Digitalfernsehens: Neben mehr Programmen und besserer Bild- und Tonqualität zählt dazu auch der Mehrwert, den die digitalen Empfangsgeräte liefern, die unsere Kunden mieten oder kaufen können, etwa Zugang zu Premium-TV-Sendern und der Unitymedia Videothek, mehr HD-Programme, TV-Aufzeichnungen, zeitversetztes Fernsehen, das Programmieren von Aufnahmen von unterwegs und ein elektronischer Programmführer. Der reine Umstieg vom analogen zum digitalen Fernsehen verursacht keine Zusatzkosten: Alle bisher analog angebotenen sowie viele zusätzliche Programme sind mit den in Flachbildfernsehern eingebauten DVB-C-Kabeltunern digital und unverschlüsselt empfangbar und heute schon im Kabelanschlussentgelt enthalten. Die Zuschauer müssen dazu am TV-Gerät lediglich von der analogen zur digitalen Senderliste wechseln. Wer keinen Fernseher mit eingebautem Digital-Receiver hat, kann beispielsweise bei Unitymedia ein Zusatzgerät in Verbindung mit einem attraktiven Senderpaket in HD mieten. Auf die am Stichtag verbliebenen analogen Kunden werden wir mit entsprechenden Angeboten zugehen. In welcher Form kann ich aber noch nicht sagen, für Details ist es jetzt einfach noch zu früh.

SATVISION: Welche Bedeutung hat das analoge UKW-Radio für Unitymedia-Kunden und warum sind die Radioprogramme von der Analogabschaltung ausgenommen?

C. Hindennach: Aufgrund der hohen Nutzungsakzeptanz des analogen Hörfunkangebots und der vergleichsweise geringen Verbreitung von digitalen Radioempfängern führen wir die analoge Verbreitung der Hörfunkprogramme vorerst fort. Allerdings streben wir schon an, das Kabel irgendwann vollständig zu digitalisieren.

SATVISION: Warum lässt die Analogabschaltung Ihrer Einschätzung nach zufolge im Kabel so lange auf sich warten? Denn alle weiteren TV-Empfangswege (Satelliten- und auch das Antennenfernsehen) sind bereits seit Jahren voll digitalisiert.

C. Hindennach: Im Gegensatz zu Satelliten-Direktempfängern waren es Kabelhaushalte im analogen Zeitalter gewohnt, dass sie keine Beistellbox und keine zweite Fernbedienung benötigen, weil sie den Fernseher direkt mit der Anschlussdose verbinden konnten. Erst langsam zogen DVB-C-Tuner in die TV-Geräte ein, die diesen Vorteil wieder herstellten. Bei Flachbildfernsehern, die ab 2010 hergestellt wurden, ist dies inzwischen Standard. Wer digitales Kabelfernsehen schauen möchte, muss am TV-Gerät nur die digitale Senderliste wählen. Mit dem Verzicht auf eine Grundverschlüsselung wurde das digitale Kabelfernsehen zudem noch einfacher nutzbar.

Wir gehen davon aus, dass zum Zeitpunkt der Analogabschaltung … 95 Prozent unserer Kunden digitales Fernsehen nutzen.

SATVISION: Wie werden Sie die frei werdenden Kapazitäten im Unitymedia-Kabelnetz nutzen (Stichworte: DOCSIS 3.1, SD- und HD-Ausbau sowie VoD)?

C. Hindennach: Die Analogabschaltung ermöglicht uns, die volle Leistungsfähigkeit unseres Kabelnetzes auszuschöpfen. Diesen Vorteil geben wir an unsere Kunden weiter: Wir werden zusätzliche digitale TV-Sender und HD-Programme einspeisen, nach denen unsere Kunden immer häufiger nachfragen, die Bild- und Tonqualität verbessern, die Unitymedia Videothek ausbauen und die Bandbreite unseres Internetzugangs erhöhen. Mit dem Übertragungsprotokoll DOCSIS 3.1 sind im Kabelnetz künftig Geschwindigkeiten im Gigabit-Bereich möglich.

SATVISION: Können Sie etwas über die Aufteilung der frei werden Kapazitäten auf die verschiedenen Angebote sagen?

C. Hindennach: Wie die Gewichtung im Einzelnen aussehen wird, lässt sich jetzt noch nicht genau sagen, weil dabei verschiedene variable Faktoren zu berücksichtigen sind, zum Beispiel die vertragsrechtlichen Grundlagen für die Einspeisung von HD-Sendern. Auch die Entwicklung von Ultra HD spielt eine Rolle, etwa die Frage, ob es TV-Veranstalter geben wird, die Sender oder Programminhalte im neuen Bildformat bereitstellen. Grundsätzlich gilt aber, dass die Kapazitäten für alle digitalen Dienste genutzt werden.

SATVISION: Wie hat sich das non­lineare Fernsehen, sprich das Streaming-Angebot im Unitymedia-Kabelnetz entwickelt und welches Datenvolumen wird im Durchschnitt pro Monat pro Kunde verbraucht?

C. Hindennach: Wir haben 2015 noch mehr Vielfalt in unsere Entertainment-Produkte gebracht. Unser SVOD-Angebot hat sich 2016 beispielsweise auf 36.000 Titel verdoppelt; eine der größten VoD-Bibliotheken im deutschen Markt! Zudem haben wir 2015 und auch in diesem Jahr die Anzahl der HD-Sender kontinuierlich gesteigert und durch Kooperationen mit Sendern wie RTL die Anzahl der TV-Archive erhöht. Viele dieser Inhalte sind auch über unser mobiles TV-Angebot Horizon Go unterwegs abrufbar.

Was Bandbreite und Datenvolumen betrifft, beobachten wir, dass sobald höhere Bandbreiten verfügbar sind, diese auch intensiv genutzt werden. Unsere Kunden nutzten 2015 mit 68 GB pro Monat im Schnitt 50 Prozent mehr Datenvolumen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Darin sind jedoch nicht die über Horizon und andere TV-Hardware abgerufenen Inhalte inkludiert – die Inhalte werden über DVB-C ausgespielt.

SATVISION: Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz! Unitymedia ist der erste und bislang einzige Kabelnetzbetreiber der einen fixen Termin für die Abschaltung des Analog-TV festgelegt hat, da …

C. Hindennach: … wir als Vorreiter lieber früher als später allen Kunden die Vorteile des digitalen Fernsehens zugutekommen lassen.

SATVISION: Vielen Dank für das Gespräch!

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