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Fernsehbranche steigt in Virtual Reality ein

06. Dezember 2016

Die Deutsche TV-Branche nimmt Virtual Reality ins Visier. Mit ersten 360° Videoprojekten nähern sich Sender wie n-tv, RTL, Sky und ZDF der neuen Unterhaltungsform, die Zuschauern das Eintauchen in das Geschehen ermöglicht. Eine Herausforderung für alle Sender sind noch „echte“ interaktive Virtual Reality-Produktionen, die ein deutlich immersiveres Erlebnis vermitteln. Den Status Quo und die Perspektiven von VR in der TV-Branche beleuchtete kürzlich ein Event in Berlin, das die Deutsche TV-Plattform zusammen mit dem 3IT– Innovation Center for Immersive Imaging Technologies am Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut veranstaltete.

„360° Videos sind ein Anfang. Spannend wird der nächste Schritt, Mixed Reality-Formate mit echter Interaktivität herzustellen,“ sagt Frank Heineberg, Senior Manager Programm Distribution bei der Mediengruppe RTL. Er produzierte ein 360° Video im stern TV-Studio, das den Zuschauer näher an den Moderator bringt und durch die 360° Perspektive einen Blick hinter die Kulissen ermöglicht. Die n-tv-Reportage „Manheim – Flüchtlinge leben in der Geisterstadt“ versetzt den Zuschauer ebenfalls mitten ins Geschehen. Auch das ZDF lotet die Möglichkeiten der neuen Erzählformen aus und produzierte ein 360° Video zur Terra X-Folge „Mythos Wolfskind“.

„Die große Frage, an der wir alle arbeiten, lautet: wie können wir echte Virtual Reality-Formate und Erzählformen entwickeln, die über 360° Video hinausgehen,“ beschreibt Stephan Heimbecher, Director Innovations & Standards bei Sky, die wichtigste Herausforderung für die Sender. Erste Ansätze, wie man Zuschauer intensiver in ein VR-Erlebnis einbinden kann, zeigt eine Live-Sport-Produktion von Sky. Beim DFB-Pokal-Finale 2016 wurden drei 360° Kameras eingesetzt. Eine war auf der Haupttribüne platziert, jeweils eine hinter den Toren. Der Zuschauer konnte per Kopfbewegung zwischen den einzelnen Perspektiven wechseln und zusätzlich Team-Informationen und Statistiken abrufen.

„Bei der Technik sind ebenfalls noch relativ viele Fragen offen,“ sagt Kathleen Schröter, Executive Manager 3IT des Fraunhofer HHI. „Wir können heute schon in 10K 360° Videos produzieren. Die Auflösung der VR-Brillen ist aber noch zu gering, damit diese Qualität auch beim Zuschauer ankommt. Der Transport der Datenmengen qualitativ hochwertiger VR-Inhalte steht nochmal auf einem ganz anderen Blatt.“ Dafür präsentierte das Fraunhofer HHI im 3IT eine intelligente DASH-Streaming-Lösung auf HEVC-Basis für die Enkodierung.

Viele Fragen seien noch zu klären in puncto Storytelling, Produktion und Technik. Deswegen sei es noch zu früh, um über konkrete Geschäftsmodelle zu sprechen, sagt Frank Heineberg. „Das Thema VR rückt jedoch zunehmend in den Fokus der Werbeindustrie. Es gibt hierzu vermehrt Kontakte zu Agenturen und Kunden. Auch wenn die Technik günstiger und das VR Erlebnis immer beeindruckender wird, ist die Reichweite noch nicht von der Relevanz, dass es zu einer großen Zielgruppendurchdringung führt. Es wird somit vorerst eine Nische bleiben, in welcher kundenindividuelle Cases umgesetzt werden – beispielsweise ein klassischer Pre-Roll im VR-Umfeld oder ein eigens produziertes VR-Spiel, welches den Fit zwischen dem Sendungsformat und dem Kundenprodukt schafft. Potenzial steckt auch im Thema Second Screen, wie 360° Making-Of’s oder Nachrichtenbeiträge als Zusatzservice. Die ersten Vermarktungscases wurden umgesetzt und die nächsten sind in der Pipeline, aber bis zu einer Regelvermarktung wird noch etwas dauern.“

„Ich denke, der Anfang ist gemacht. Wir werden in den nächsten ein, zwei Jahren beim Thema Virtual Reality schon ein gutes Stück weiter sein,“ prognostiziert Stephan Heimbecher die weitere Entwicklung. Er leitet bei der Deutschen TV Plattform die Arbeitsgruppe Ultra HD, in der inzwischen auch das Thema Virtual Reality angesiedelt ist. Die Deutsche TV-Plattform sei ein sehr gutes Branchenforum zum Austausch und zur Weiterentwicklung von Zukunftsthemen wie VR. „Wir können alle wichtigen Aspekte von VR in unserer Arbeitsgruppe vernetzt und ganzheitlich weiterentwickeln. Der Informationsbedarf ist hoch. Wir werden in der AG im nächsten Schritt die Diskussionsergebnisse der Veranstaltung aufgreifen, analysieren, weiter diskutieren und dann schnell konkrete Schritte ableiten, um das Thema VR auch außerhalb des bereits gewinnbringenden Spielesektors zu einem Erfolg zu führen.“

Das VR-Event in Berlin bildete den Auftakt zu einer neuen Veranstaltungsreihe der Deutschen TV-Plattform, der „Media Innovation Platform“. Andre Prahl, Vorstandsvorsitzender der Deutschen TV-Plattform: „Wir wollen uns damit gezielt Zukunftsthemen widmen und ausloten, welche Relevanz sie für unsere Mitgliedsunternehmen haben, wie sich Unterhaltungselektronikindustrie und Medienbranche zu diesen Themen positionieren können und welche Chancen und Herausforderungen es dabei gibt.“ Angesichts der immer kürzeren Innovationszyklen werde es schwieriger, sich in der notwendigen Tiefe über neue Themen schnell und strukturiert auszutauschen. „Reine Frontshows sind da zu wenig, deswegen ist die Interaktion ein zentrales Element der Media Innovation Platform. Wir haben über 50 Mitglieder, die nicht nur die notwendige Expertise einbringen, sondern digitale Innovationen auch in Produkte umsetzen. Das bringen wir bei diesen Events in Demonstrationen, Workshops und Diskussionen zusammen.“ Die nächste Ausgabe der Media Innovation Platform ist für das Frühjahr 2017 geplant.

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