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Die Medienanstalten

10. März 2017

Die Medienanstalten haben in Kooperation mit der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) in Berlin zur Diskussion über Zuständigkeiten und Verantwortungen eingeladen. Dabei ging es unter anderem darum, in welcher Weise Intermediäre wie Facebook oder Twitter Meinungsbildungsprozesse beeinflussen.

Um die Frage zu klären, ob es für die politische Meinungsbildung gerade im Vorfeld der Bundestagswahl und in Zeiten von Fake News neue Regeln braucht, fand die Diskussionsveranstaltung statt.

„Es muss gewährleistet sein, dass der politische Meinungsbildungsprozess in unserer demokratischen Gesellschaft auch künftig auf Basis von Tatsachen und nicht auf Basis bewusst manipulierter Nachrichten stattfindet“, hielt der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), Siegfried Schneider, in seinem Grußwort fest.

„Deshalb sollten wir in der virtuellen Welt genauso konsequent gegen Verleumdung oder Falschdarstellung vorgehen wie in unserer realen Welt.“ Aktuell gelte es nun, die Frage zu beantworten, ob die negativen Auswüchse in den sozialen Medien mit den vorhandenen Instrumentarien in den Griff zu bekommen sind oder ob es Gesetzesanpassungen und neue Regularien braucht.

Intermediär ist nicht gleich Intermediär

Über Informationsvielfalt und Algorithmenmacht sprach Dr. Jan-Hinrik Schmidt vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg (HBI), der im Rahmen einer qualitativen Studie im Auftrag der Medienanstalten die Relevanz von Intermediären für die Meinungsbildung untersuchte.

Demnach ist Intermediär nicht gleich Intermediär. So dient Google über alle Altersgruppen hinweg als zentrales Informationswerkzeug zur gezielten Informationssuche. Facebook dagegen ermöglicht es eher, das Meinungsklima wahrzunehmen – und gegebenenfalls auch auf unerwartete Informationen zu stoßen. Schmidt hielt fest: „Die Wirkung der Intermediäre auf die Meinungsbildung lässt sich nicht linear belegen. Wer differenziert, kommt zu besseren Handlungsempfehlungen.“

Zu Differenzierung riet auch Prof. Dr. Birgit Stark vom Institut für Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, die über die Problematik der Echokammer auf Facebook informierte: „Facebook kann die Wichtigkeit von Themen und die wahrgenommene Kontroverse verändern. Dadurch kann es zu Polarisierungen kommen. Die populäre Vorstellung, dass wir uns alle in Filterblasen bewegen, muss aus wissenschaftlicher Sicht jedoch relativiert werden. Denn Internetnutzer informieren sich in der Regel aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Quellen. In ihrem Informationsrepertoire ist Facebook nicht die alleinige Nachrichtenquelle.“

Der Politik- und Strategieberater Julius van de Laar, der die Wahlkämpfe von Barack Obama begleitete, brachte die Perspektive der Praxis ein. Seiner Erfahrung nach gibt es Filterblasen und das sei auch gut so: „Für Kampagnen gibt es nichts Besseres als Filterblasen, durch sie können wir mobilisieren und demobilisieren.“

Rechte und Werte gelten auch bei Facebook und Co.

Wie lässt sich die Vielfalt im Sinne der Nutzer auch in der digitalen Medienordnung verankern? Was kann der klassische Journalismus beitragen, um Falschmeldungen zu reduzieren? Um Fragen wie diese ging es in der anschließenden Diskussion.

Dr. Tobias Schmid, der Direktor der LfM, plädierte dafür, die Anbieter stärker in die Verantwortung zu nehmen: „Auch wenn aufgrund der rasanten technologischen Entwicklungen viele den Eindruck haben, alles werde komplexer und komplizierter: Die Prinzipien und Werte, für die wir einstehen, sind nach wie vor gültig, vor allem der Schutz der Menschenwürde und die Sicherung von Medien- und Meinungsvielfalt. Soziale Netzwerke wie Facebook sind bedeutsam für die Meinungsbildung und stehen keinesfalls außerhalb des Rechts. Auch machen sie nicht ihre eigenen Gesetze, sondern sind unserer Rechtsordnung verpflichtet. Wir erwarten Mitwirkung der Anbieter: Mitwirkung an Verantwortung, Mitwirkung an der Durchsetzung von Gesetzen, Mitwirkung an der Vorbeugung vor Missbrauch ihrer Angebote.“

Medienbildung für Erwachsene und unabhängige Kontrollinstanzen

Martin Drechsler, Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM), warnte vor vorschnellen neuen Lösungen und machte sich für „mehr Medienbildung auch für Erwachsene“ stark. Stefan Kuzmany von Spiegel Online berichtete von seinen Erfahrungen mit Hate Speech und erklärte: „Menschen, die sich hasserfüllt äußern, gab es auch schon früher. Es sind nicht mehr geworden – aber durch Social Media werden sie sichtbarer. Wir können den Plattformen fast schon dankbar sein, dass wir nun als Gesellschaft gezwungen sind, uns damit auseinanderzusetzen.“

Als Fazit hielt Thomas Fuchs, Koordinator des Fachausschusses Technik, Netze, Konvergenz der DLM, fest, dass die Integrität des Internets für die Medienanstalten immer wichtiger werde. Er zeigte sich davon überzeugt, dass es in Bezug auf die Regulierung von Intermediären „perspektivisch unabhängiger Kontrollinstanzen bedarf, die staatsfern organisiert, fachlich kompetent und mit behördlichen Exekutivbefugnissen ausgestattet sind, um die Einhaltung von Vorgaben zu prüfen und durchzusetzen. Die Medienanstalten sind grundsätzlich geeignet, diese Aufsicht zu übernehmen.“

Quelle: Die Medienanstalten

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